Bei einem Herzinfarkt entscheidet jede Minute über Leben oder Tod. Männer erleiden häufiger einen Herzinfarkt als Frauen, Frauen sterben öfter daran. Auch beim Herzinfarkt gibt es geschlechtsspezifische Besonderheiten, die noch erforscht werden müssen.
Herzinfarkt Frauen – Nicht nur ein Männerproblem
Herz- und Gefäßkrankheiten, darunter insbesondere der akute Herzinfarkt, gehören zu den häufigsten Todesursachen in den Industrienationen.
Ein Herzinfarkt trifft vermehrt Männer als Frauen. Dennoch gehört der Herzinfarkt auch bei Frauen zu den häufigsten Todesursachen. Jedes Jahr sterben in Deutschland mehr als 18.000 Frauen (Statistisches Bundesamt 2019) daran. Studien und Statistiken zeigen, dass Frauen nach einem Herzinfarkt eine schlechtere Prognose als Männer haben.
Frauen ist ihr Risiko für Herzinfarkte häufig nicht bewusst
Vielen Frauen ist ihr Erkrankungsrisiko nicht bewusst. Die klassischen Risikofaktoren wie Rauchen, erhöhtes Cholesterin, Bluthochdruck, Diabetes mellitus oder familiäre Veranlagung für die koronare Herzkrankheit müssen wir bei Frauen um frauenspezifische Risikofaktoren erweitern. Hierzu gehören zum Beispiel der Bluthochdruck in der Schwangerschaft, die Eklampsie, auch als sogenannte Schwangerschaftvergiftung bekannt, und frühzeitige hormonelle Veränderungen, wie wir sie nach einer Eierstockentfernung und vorzeitiger Menopause vorfinden. Diese besonderen Risikofaktoren erhöhen auch schon für jüngere Frauen das Herzinfarkt-Risiko, da der schützende Effekt der weiblichen Geschlechtshormone, der Östrogene, wegfällt. Auf natürliche Weise profitieren also Frauen vor den Wechseljahren von den Östrogenen, indem sie gefäßerweiternd und vor der Bildung von arteriosklerotischen Ablagerungen in den Blutgefäßen schützen. Dieser Schutz fällt nach der Menopause weg und erklärt, dass der Herzinfarkt etwa 10 Jahre nach der Menopause auftritt. Frauen erleiden daher häufig erst im höheren Alter einen Herzinfarkt. Auch ein sogenanntes Broken-Heart-Syndrom tritt bei Frauen meistens erst nach Beginn der Menopause auf.
Besondere Aufmerksamkeit sollte dem LDL-Cholesterinspiegel in der Menopause gewidmet werde, der nach unseren Erfahrungen bis zu 45% steigen kann.
Je besser Frauen über Herz-Kreislauf-Erkrankungen informiert sind, umso besser können sie Erkrankungen vorbeugen und mögliche Krankheitsanzeichen richtig einordnen. Besonders problematisch ist: Erleiden Frauen einen Herzinfarkt, handeln sie häufig nicht schnell genug!
Symptome des Herzinfarktes bei Frauen & Männern – mehr Ähnlichkeiten als Unterschiede
In den vergangenen Jahren wurden die Unterschiede in den Herzinfarkt-Symptomen bei Frauen und Männern häufig besonders herausgestellt. Tatsächlich geben Männer und Frauen in über 90% der Fälle als häufigstes Symptom typische Schmerzen im Brustbereich an, die aber von beiden Geschlechtern oft unterschiedlich beschrieben werden.
Im Vergleich zu Männern stellen sich Frauen häufiger mit einer Ausstrahlung der Symptome, z.B. in den rechten oder linken Arm, Nacken, Kiefer oder Rücken vor. Zusätzlich berichten Frauen häufiger über Begleitsymptome wie Luftnot, Schwitzen, Übelkeit und Erbrechen. Frauen beobachten sich selbst oft besser und beschreiben ihre Beschwerden deshalb differenzierter. Nur im Fall eines Herzinfarktes kann ist dies paradoxerweise von Nachteil sein, insbesondere dann, wenn der typische Brustschmerz fehlt und die Begleitsymptome oder atypische Magen-oder Rückenschmerzen im Vordergrund stehen.
Selbst Frauen oder ihr Umfeld denken bei Oberbauchbeschwerden und Atemnot eher nicht an einen Herzinfarkt und betätigen nicht sofort den Notruf. Mit fatalen Konsequenzen: Bei Frauen wird ein Infarkt im Schnitt erst später erkannt als bei Männern. Das senkt die Chance zusätzlich, ihn zu überstehen, denn die Behandlung sollte so früh wie möglich beginnen.
Herzinfarkt bei Frauen: Frauen sterben eher als Männer an einem Herzinfarkt
Frauen erkranken in Deutschland seltener an einem Herzinfarkt als Männer. Sie werden aber auch seltener behandelt und ihr Sterberisiko ist deutlich erhöht.
Dies geht aus einer Analyse von Daten des Statistischen Bundesamtes hervor. In einem Teilprojekt wurden Daten des statistischen Bundesamtes zu allen Patientinnen und Patienten ausgewertet, die in einem Zeitraum von vier Jahren (1. Januar 2014 bis 31. Dezember 2017) stationär wegen eines Herzinfarktes behandelt wurden. Betrachtet wurden sowohl Herzinfarkte mit ST-Streckenhebung im EKG (STEMI, 280.515 Fälle) als auch ohne ST-Streckenhebung (NSTEMI, 559.220 Fälle). Die typischen Symptome für einen Herzinfarkt zeigten sich eher bei einem STEMI, während NSTEMIs mit einer großen Bandbreite atypischer und leichterer Symptome eingingen.
Die Anzahl der Patientinnen und Patienten mit STEMI nahm über die vier Jahre hinweg kontinuierlich ab: von 72.894 Patienten im Jahr 2014 auf 68.213 im Jahr 2017.
70 Prozent der STEMI-Patienten waren Männer. Die männlichen Patienten waren im Schnitt jünger als Frauen und litten seltener unter Risikofaktoren wie chronische Niereninsuffizienz, Diabetes, Herzinsuffizienz oder Vorhofflimmern. Allerdings waren unter den männlichen Patienten mehr Raucher und Patienten mit erhöhten Cholesterinwerten vertreten.
Operationen und interventionelle Eingriffe bei Frauen mit Herzinfarkt seltener
Die Behandlung eines STEMI besteht in der Regel in einer perkutanen koronaren Intervention, also in einer Herzkatheterbehandlung, bei der das verschlossene Koronargefäß wieder eröffnet und mit einem Stent versehen wird. Diese Behandlung wurde in den 4 Jahren bei 81,3 Prozent der männlichen und bei 74,3 Prozent der weiblichen STEMI-Patienten durchgeführt.
Eine koronare Bypass-Operation erhielten 4,2 Prozent der männlichen und 2,7 Prozent der weiblichen STEMI-Patienten.
Frauen mit STEMI starben deutlich häufiger noch im Krankenhaus: Während in der männlichen Patientengruppe 9,6 Prozent verstarben, waren es bei den Frauen 15 Prozent. Ein ähnliches Bild zeigte sich beim NSTEMI. Bei 6,3 Prozent der Männer und 8,4 Prozent der Frauen verlief das Ereignis tödlich.
Hintergründe für Geschlechtsunterschiede beim Herzinfarkt werden erforscht
Inwiefern die geringere Behandlungsrate für die schlechtere Prognose bei Frauen verantwortlich ist oder das höhere Alter und die ungünstigen Begleiterkrankungen, die bei Frauen möglicherweise zu ausgedehnteren Infarkten geführt haben, ist noch nicht abschließend geklärt und muss weiter erforscht werden.
Fazit – Herzinfarkt ist für Frauen tödlicher
Zusammenfassend konnte die Analyse von Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass die Anzahl der Patienten mit STEMI sowohl bei Männern als auch bei Frauen rückläufig ist. Allerdings werden bei Frauen weniger Revaskularisationsverfahren durchgeführt und die Krankenhaus-Sterblichkeit ist höher als bei Männern. Die erhöhte Sterblichkeit ist mutmaßlich auf die ungünstigen Komorbiditäten und das im Durchschnitt höhere Lebensalter der Frauen beim Herzinfarkt zurückzuführen. Inwiefern diese Faktoren auch die geringe Revaskularisation bedingen, muss noch weiter geklärt werden.