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Dr. Natalie Fleissner
Dr. med. Natalie Fleissner studierte Humanmedizin an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Zu ihren Behandlungsschwerpunkten gehört die Bildgebende Diagnostik. Besonders große Expertise hat sie zudem bei der Kontrolle und Nachsorge von Schrittmachersystemen wie dem Implantierbaren Defibrillator (ICD) und hochkomplexen Dreikammerschrittmachern. Zum Profil.

Cholesterinsenker: Was tun bei Statin-Unverträglichkeit?

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Was sind Statine?

Statine gehören zu den Medikamenten, die den Cholesterinspiegel nachweislich effektiv senken. An der Endung „-statin“ erkennen Sie die zur Gruppe der Statine gehörenden Wirkstoffe. Sieben Statine sind in Deutschland derzeit auf dem Markt: Simvastatin, Lovastatin, Atorvastatin, Pravastatin, Fluvastatin, Pitavastatin und Rosuvastatin.

Das erste Statin wurde bereits 1987 zugelassen. In Folge haben die Statine die Behandlung atherosklerotisch verursachter Herz-Kreislauf-Erkrankungen revolutioniert und deren Morbidität und Letalität gesenkt. Dabei kann mit Statinen nach einem Herzinfarkt die Gefahr für einen erneuten Herzinfarkt um teilweise mehr als 30 % gesenkt werden. Außerdem kann man damit die Gefahr, an einer Herzerkrankung zu sterben, je nach Cholesterinwert, um mehr als 40 % verringern. Ebenso ist eine bedeutsame Reduktion des Schlaganfallrisikos mit Statinen möglich. Zudem ist die Senkung eines hohen Cholesterinspiegels auch eine der besten präventiven Maßnahmen, die uns in der Behandlung von Herz-Kreislauferkrankungen zur Verfügung stehen.

Wie wirken die Statine?

Die Statin-Wirkung beruht auf der Hemmung eines Enzyms, das normalerweise unsere Cholesterinproduktion in der Leber ankurbelt. Durch die Enzymhemmung entsteht folglich in den Zellen weniger Cholesterin. Um den Cholesterinmangel auszugleichen, bilden die Zellen vermehrt cholesterinbindende Moleküle, sogenannte Rezeptoren, auf ihrer Oberfläche. Dadurch wird das „schlechte“ LDL-Cholesterin über die Rezeptoren vermehrt aus dem Blut herausgefischt. Deswegen sinkt die LDL-Cholesterinmenge im Blut.

Statine senken aber nicht nur den LDL-Cholesterinspiegel, sie wirken auch entzündungshemmend und können so gefährliche Plaques (Ablagerungen) stabilisieren. Dadurch verhindern Statine, dass Plaques aufreißen und sich infolgedessen Blutgerinnsel bilden. Diese könnten ansonsten einen akuten Gefäßverschluss und damit einen Herzinfarkt oder Schlaganfall verursachen.

Wann muss ich ein Statin einnehmen?

Auch wenn Herz-Kreislauferkrankungen weltweit die häufigste Todesursache darstellen, muss nicht jeder von uns einen Cholesterinsenker einnehmen. Bei jedem Patienten führen wir daher zunächst eine individuelle Risikobeurteilung durch. Einflussgrößen sind hier zum Beispiel eine bereits manifeste Herz-Kreislauf-Erkrankung (Herzinfarkt, Schlaganfall, Durchblutungsstörung der Beine) oder Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes, Rauchen, Nierenschwäche oder familiär gehäuft auftretende Fettstoffwechselstörungen.

Häufigste Nebenwirkung der Statine: Muskelschmerzen

Für uns Ärzte gehören die Statin-bedingten Muskelbeschwerden zu den klinisch relevantesten Nebenwirkungen.
Hier unterscheiden wir zwischen zwei Formen von Muskelerkrankungen:

  • die häufigere Statin-Myalgie (5-10%), bei der es zu Muskelschmerzen und Schwäche kommt.
  • die seltenere Statin- Myopathie (1-5%), bei der eine Muskelschädigung im Blut durch Erhöhung des Muskelenzyms Creatininkinase nachweisbar ist.

Beide Muskelerkrankungen sind nach Absetzen des Statins komplett reversibel, d.h. die Muskelschmerzen und Schwäche verschwinden vollständig.

Risikofaktoren für Muskelerkrankungen unter Statinen

Die Pathophysiologie der Statin-Myopathie ist noch nicht geklärt. Wir wissen aber, dass bestimmte Konstellationen das Risiko für Muskelerkrankungen erhöhen:

  • sehr hohe Dosierung
  • weibliches Geschlecht, geringes Körpergewicht, hohes Alter
    Multimorbidität
  • exzessive Muskelarbeit
  • Unterfunktion der Schilddrüse, Vitamin-D-Mangel
  • Umfangreiche Vor-Medikation, vor allem bestimmte Antibiotika, Immunsuppressiva, Herzmedikamente wie z.B. Amiodaron oder Verapamil
  • Muskelschmerzen vor Beginn der Statin-Therapie
  • Genuss von Grapefruitsaft

Abbau über Enzymsysteme als Schlüsselrolle für Statin-Nebenwirkung

Auch wenn die Statine alle zu einer Wirkstoffgruppe gehören, unterscheiden sie sich in ihrer Aufnahme, Plasmaproteinbindung und Ausscheidung. Generell sollte man die Statine wegen der gesteigerten Cholesterinbildung in der Nacht abends einnehmen. Dadurch reicht auch schon oft eine geringere Statin-Dosis aus und mögliche dosisabhängige Nebenwirkungen können so reduziert werden. Eine Schlüsselrolle spielt der Abbau, die Metabolisierung, der Statine. Viele Statine werden hauptsächlich über sogenannte Cytochrom P450 (CYP)-Isoenzyme in der Leber metabolisiert. Oft konkurrieren andere Medikamente um den Abbau über ein Enzymsystem, so dass sich dann der Statinspiegel erhöht und damit auch die Nebenwirkungen. Umgekehrt kann die Statintherapie den Abbau anderer Medikamente stören, die durch dasselbe enzymatische System metabolisiert werden. Interessanterweise ist die Verstoffwechslung von Medikamenten in Bezug auf das Cytochrom-System bei jedem Menschen genetisch unterschiedlich. Dies erklärt auch die individuell unterschiedliche Verträglichkeit der Statine.

Falls Sie sich für den Abbau von Medikamenten über die CYP-Systeme interessieren, möchten wir an dieser Stelle auf den Artikel: „Nebenwirkungen von Medikamenten – Die Bedeutung des Cytochrom P450 Systems in der Leber“ in unserer Cardiothek hinweisen.

Ich vertrage die Statin-Therapie nicht: Und jetzt?

Gerade wenn Sie ein hohes kardiovaskuläres Risiko haben und das verschriebene Statin nicht vertragen, stellt sich die Frage: Wie geht’s weiter? Gibt es eine alternative Therapie? Am Anfang überprüfen wir die Medikamente auf mögliche Interaktionen. Sie können sich vorstellen, dass dies je nach Umfang der Medikamente nicht so einfach und schnell zu klären ist. Je nach Toleranz der Beschwerden kann auch zunächst eine abendliche Einnahme der Statine versucht werden. Damit wird generell die beste Wirksamkeit gewährleistet und ggf. kann dadurch sogar die Dosis erniedrigt werden. Ansonsten würden wir das Statin wechseln. Dabei spielt die Metabolisierung wieder eine große Rolle, vor allem vor dem Hintergrund der bestehenden Medikamente, z.B. das häufig eingesetzte Antiarrhythmikum Amiodaron oder der Blutdrucksenker Amlodipin. Eine Option könnte der Einsatz von CYP3A4-unabhängigen Statinen, wie Pravastatin, Fluvastatin, Rosuvastatin und Pitavastatin sein.

Alternative Medikamente bei Statin-Intoleranz

Alternativ kann zur Einsparung der Statin-Dosis eine Medikation mit 10 mg/d Ezetimib (Ezetrol®) erfolgen. Ezetimib hemmt die Verwertung des über die Nahrung zugeführten Cholesterins. Somit werden bis zu 50% weniger Cholesterin aus dem Dünndarm aufgenommen. Da gleichzeitig aber die körpereigene Cholesterin-Produktion in der Leber angeregt wird, kommt es durch Ezetemib in der Summe letztendlich nur zu einer Senkung des Cholesterins um etwa 15 bis 20%.
Ein neuerer Therapieansatz sind die sogenannten PCSK9-Hemmer, die man alle zwei bis vier Wochen unter die Haut spritzt. Die PCSK9-Hemmer verhindern den Abbau von LDL-Rezeptoren in der Leberzelle. Die Rezeptoren bleiben frei und können erneut LDL-Cholesterin binden. Auf diese Weise sinkt der LDL-Cholesterinspiegel im Blut. PCSK9-Hemmer können den LDL-Wert dabei um 60% senken. Wir setzen sie entweder alternativ bei Statin-Intoleranz oder zusätzlich zu einer maximal tolerablen Statin-Therapie mit noch nicht erreichtem Ziel-LDL-Cholesterinwert ein.

Roter Reis – wirklich eine Alternative zum Statin?

Zu guter Letzt möchten wir noch kurz auf die mittlerweile populäre Alternative mit Rotem Reis eingehen. Die Präparate basieren auf rotem Reisschimmel und wirken durch das dort enthaltende Monacolin K, welches chemisch dem Lovastatin entspricht. Deshalb gleichen sowohl die Wirkung als auch die Nebenwirkungen denen einer Therapie mit Statinen. Die Qualität der angebotenen Präparate aus rotem Reisschimmel variiert sehr stark. Eine Selbstmedikation ist wegen des Nebenwirkungsprofils des Monacolins nicht zu empfehlen. Die Einnahme von Roten Reisschimmel Präparaten sollte nur unter ärztlicher Aufsicht erfolgen.

Fazit:

Das Wichtigste, um Nebenwirkungen unter den Statinen zu vermeiden, ist die vorsichtige Dosierung des Statins, vor allem bei älteren Menschen und Frauen mit niedrigem Körpergewicht. Jede Co-Medikation sollte hinsichtlich möglicher Interaktionen überprüft und gegebenenfalls umgestellt werden. Wenn die Muskelschmerzen zum Absetzen des Statins zwingen, kann eine Umstellung auf ein anderes Statin (in niedriger Dosis), die Hinzunahme von Ezetimib oder alternativ der Einsatz von PCSK9-Inhibitoren sinnvoll sein.

Wichtig: Bitte denken Sie daran, während der Einnahme von Statinen keinen Grapefruitsaft zu trinken! Denn dadurch kann der Abbaumechanismus der Statine beeinflusst werden, woraufhin der Statinspiegel erheblich ansteigen kann. Das kann bei Cholesterin-Senkern durchaus ein Grund für Nebenwirkungen sein und sollte bei der Einnahme auf jeden Fall berücksichtigt werden.

Literatur:

2019 ESC/EAS Guidelines for the management of dyslipidaemias: lipid modification to reduce cardiovascular risk: The Task Force for the management of dyslipidaemias of the European Society of Cardiology (ESC) and European Atherosclerosis Society (EAS)

 

 Cardiopraxis – Kardiologen in Düsseldorf & Meerbusch

 

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