Sport ist auch im Sommer gut für unsere Gesundheit, erfordert aber besondere Vorsicht. Beim Sport in der Hitze kommt es zu wichtigen Anpassungen im Körper. Mit welchen Vorbereitungen und Intensitäten Sie sicher und gesund trainieren, erfahren Sie im folgenden Beitrag.
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Sport im Sommer: Komplexes Zusammenspiel zur Temperaturregulation
Wenn Ihr Körper Hitze und körperlicher Belastung gleichzeitig ausgesetzt ist, kommt es zu einer Reihe präziser Anpassungen des Herz-Kreislauf-Systems, um Ihre Körpertemperatur im sicheren Bereich zu halten:
Erweiterte Blutgefäße
Bei steigender Umgebungs- und Körpertemperatur reagieren die Blutgefäße in Ihrer Haut mit einer deutlichen Erweiterung. Dadurch fließt mehr Blut nahe der Körperoberfläche und Wärme kann besser an die Umgebung abgegeben werden. Die Gefäßerweiterung wird durch lokale Faktoren wie die Freisetzung von Stickstoffmonoxid (NO) und durch eine zentrale Steuerung über den Hypothalamus vermittelt. Dadurch kann:
- das Blutvolumen in der Haut um das 4- bis 7-fache ansteigen
- bis zu 8 Liter Blut pro Minute durch die Hautgefäße fließen (im Vergleich zu 0,2-0,5 Liter in Ruhe bei normaler Temperatur)
Erhöhte Schweißproduktion
Ab einer Körpertemperatur von etwa 37,2 °C beginnen Ihre Schweißdrüsen zu arbeiten. Der Schweiß auf Ihrer Haut verdunstet und entzieht dem Körper Wärme. Bei körperlicher Aktivität in der Hitze können Sie bis zu 2–3 Liter Schweiß pro Stunde verlieren. Mit dem Schweiß gehen auch wichtige Elektrolyte (Mineralstoffe) wie Natrium, Kalium und Magnesium verloren.
Anpassung des Herz-Kreislauf-Systems
Die gleichzeitige Belastung durch Bewegung und Hitze stellt Ihr Herz-Kreislauf-System vor besondere Herausforderungen: Die Skelettmuskulatur benötigt für die körperliche Leistung eine deutlich erhöhte Durchblutung, während die Hautgefäße für eine effektive Wärmeabgabe ebenfalls große Blutmengen aufnehmen müssen. Gleichzeitig reduziert der Flüssigkeitsverlust durch das Schwitzen das zirkulierende Plasmavolumen. Um diese gleichzeitigen Anforderungen zu erfüllen, aktiviert der Körper das sympathische Nervensystem und steigert die Ausschüttung der Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin.
Diese Katecholamine erhöhen über β1-Rezeptoren im Herzen die Herzfrequenz sowie die Kontraktionskraft und verbessern die Weiterleitung der elektrischen Erregung. In der Folge steigt das Herzzeitvolumen an – das Herz pumpt mehr Blut pro Minute, um sowohl die arbeitende Muskulatur als auch die Wärmeregulation effizient zu versorgen. Noradrenalin bewirkt zudem über α1-Rezeptoren eine gezielte Engstellung von Blutgefäßen in weniger durchblutungsrelevanten Organen wie dem Verdauungstrakt oder den Nieren.
Gleichzeitig führt Adrenalin über β2-Rezeptoren zu einer Weitstellung der Gefäße in der aktiven Muskulatur, was deren Versorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen fördert. Die Blutgefäße der Haut, die durch lokale Mechanismen und cholinerge sympathische Reize erweitert werden, nehmen ebenfalls große Blutmengen auf. Das Zusammenspiel dieser Anpassungen erlaubt eine effektive Umverteilung des Blutflusses und unterstützt die Kreislaufstabilität, auch unter Bedingungen starker Hitzeexposition.
Blutdruckregulation unter Hitzebelastung
Durch die weit gestellten Hautgefäße sinkt der periphere Gefäßwiderstand, was zu einem potenziellen Blutdruckabfall führen kann. Um den Blutdruck dennoch stabil zu halten, kommt es Adrenalin – und Noradrenalin vermittelt zur gesteigerten Herzfrequenz und erhöhten Kontraktilität sowie zu einer gezielten Vasokonstriktion (Gefäßengstellung) in nicht lebenswichtigen Organen (Verdauungsorgane) und Nieren. Die Umverteilung des Blutvolumens dient der Aufrechterhaltung des zentralen Blutdrucks und der adäquaten Perfusion lebenswichtiger Organe wie Gehirn und Herz.
Ergänzend wird das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System aktiviert, um den Wasser- und Natriumverlust über die Nieren zu reduzieren und das Blutvolumen zu stabilisieren.
Langfristige Akklimatisation des Herz-Kreislauf-Systems
Bei regelmäßiger Hitzeexposition über 10–14 Tage entwickelt Ihr Herz-Kreislauf-System eine Reihe funktioneller Anpassungen:
- Das Plasmavolumen steigt um etwa 10–15 %, wodurch mehr Flüssigkeit für die Schweißproduktion zur Verfügung steht, ohne die Herzleistung zu gefährden.
- Die Herzfrequenz sinkt bei gleichbleibender Belastung um bis zu 25 Schläge pro Minute, während das Schlagvolumen ansteigt.
- Die Hautdurchblutung wird effizienter gesteuert und setzt früher ein. Zudem beginnt die Schweißproduktion schneller, ist ausgeprägter und enthält geringere Elektrolytkonzentrationen als zu Beginn der Hitzeexposition. Auch die Blutverteilung zwischen Muskulatur und Haut wird besser koordiniert.
- Diese Akklimatisation verbessert Ihre körperliche Leistungsfähigkeit bei hohen Temperaturen und senkt das Risiko für hitzebedingte Kreislaufprobleme erheblich.
Auswirkungen von Sport im Sommer auf Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Bei Menschen mit bestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die physiologischen Anpassungsmechanismen an Hitze und körperliche Belastung häufig eingeschränkt.
Ein geschädigter Herzmuskel, wie bei chronischer Herzinsuffizienz, ist in seiner Fähigkeit limitiert, das Herzzeitvolumen unter Belastung ausreichend zu steigern. Dadurch kann die notwendige Umverteilung des Blutflusses zwischen Muskulatur und Haut zur Aufrechterhaltung der Leistungsfähigkeit und Thermoregulation nur unzureichend erfolgen.
Auch die medikamentöse Therapie beeinflusst die kardiovaskuläre Anpassung: Betablocker begrenzen die sympathikusvermittelte Erhöhung der Herzfrequenz und Kontraktilität, was insbesondere bei thermischem Stress die Kreislaufstabilität beeinträchtigen kann. Diuretika tragen zudem zu einem verstärkten Flüssigkeits- und Elektrolytverlust bei. Dies erhöht das Risiko für Elektrolytstörungen und orthostatische Hypotonie in der Hitze zusätzlich.
Bei Patientinnen und Patienten mit koronarer Herzkrankheit (KHK) kann die natürliche Stressreaktion des Körpers auf Hitze und körperliche Belastung problematisch werden. Adrenalin und Noradrenalin steigern Puls und Herzarbeit, was den Sauerstoffbedarf des Herzens erhöht. Gleichzeitig ist die Durchblutung der Herzkranzgefäße bei KHK oft eingeschränkt, sodass es leichter zu einer Ischämie (Minderdurchblutung) kommen kann. Zusätzlich können die Stresshormone in vorgeschädigten Gefäßen eine Verengung auslösen und das Risiko gefährlicher Herzrhythmusstörungen erhöhen – besonders bei Flüssigkeitsmangel. Die Kombination aus Hitze, kreislaufaktiver Gegenregulation und eingeschränkter Herzfunktion macht KHK-Patienten bei hohen Temperaturen besonders anfällig für Komplikationen.
Insgesamt ist die Balance zwischen Thermoregulation und Kreislaufstabilität bei Herz-Kreislauf-Patienten unter Hitzebelastung deutlich vulnerabler, was eine individuelle Anpassung der körperlichen Aktivität und medikamentösen Therapien während sommerlicher Temperaturen erforderlich macht.
Die richtige Vor- und Nachbereitung für sommerliche Aktivitäten
Bevor Sie mit dem Sommersport beginnen, sollten Sie einige wichtige Vorbereitungen treffen:
- Ausreichend Wasser trinken (30–40 ml pro kg Körpergewicht pro Tag): In der Regel reicht reines Wasser aus bei Belastungen < 60 Minuten, bei längerer oder sehr intensiver Belastung Elektrolytgetränk mitnehmen
- Leichte, atmungsaktive Kleidung tragen, ggf. mit UV-Schutz
- Sonnenschutz mit hohem Lichtschutzfaktor auftragen
- Kopfbedeckung nicht vergessen
- Aktivitäten in die kühleren Tageszeiten legen
- Schattige Routen wählen: meiden Sie Asphalt und direkte Sonneneinstrahlung
- Medikamenteneinnahme anpassen: Sprechen Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt über eine mögliche Anpassung der Medikation (besonders wichtig bei Betablockern und Diuretika)
Planen Sie Ihre sportlichen Aktivitäten vorzugsweise in den Morgen- oder Abendstunden, wenn die Temperaturen angenehmer sind. Zwischen 11 und 15 Uhr ist die Sonneneinstrahlung am intensivsten – vermeiden Sie in dieser Zeit intensive Belastungen im Freien.
Nach dem Sport:
- Aktive Abkühlung: 5–10 Minuten Cool-down, keine abrupte Beendigung
- Temperierte Dusche: Lauwarmes statt kaltes Wasser verwenden (zu kaltes Wasser führt zu einer Gefäßverengung und hindert den Körper am Abkühlen)
- Rehydratation: leichte Aktivität (<60 min, moderate Intensität): Wasser kann ausreichend sein; längere oder intensive Aktivität (>60 min oder hohe Intensität): Elektrolythaltige Getränke sind zu bevorzugen
- Ruhezeit einplanen: mindestens 30 Minuten Erholung im Schatten oder in kühler Umgebung
- Pulskontrolle: Achten Sie auf die Normalisierungszeit Ihrer Herzfrequenz innerhalb von 3-5 Minuten
Die richtige Ernährung unterstützt Ihre sportlichen Aktivitäten im Sommer optimal:
- Wasserreiches Obst und Gemüse (Wassermelone, Gurken, Tomaten)
- Leichte Mahlzeiten statt schwerer Kost
- Ausreichend Mineralstoffe wie Magnesium und Kalium (enthalten in Bananen, Nüssen, Vollkornprodukten)
- Elektrolytreiche Getränke bei intensivem Sport
Beliebte Sommersportarten
Der Sommer bietet zahlreiche Möglichkeiten für Bewegung im Freien:
Schwimmen
Schwimmen ist ideal für heiße Tage. Es trainiert nahezu alle Muskelgruppen, ohne die Gelenke zu belasten. Das Wasser kühlt Ihren Körper, während Sie sich bewegen. Dies macht Schwimmen besonders für Menschen mit Gelenkproblemen oder Übergewicht geeignet.
Radfahren
Mit dem Fahrrad können Sie die Umgebung erkunden und gleichzeitig etwas für Ihre Ausdauer tun. Durch den Fahrtwind entsteht eine natürliche Kühlung. Achten Sie auf ausreichenden Sonnenschutz und nehmen Sie genügend Wasser mit.
Nordic Walking
Diese gelenkschonende Sportart können Sie gut an die Temperaturen anpassen. Wählen Sie schattige Waldwege und tragen Sie atmungsaktive Kleidung. Nordic Walking trainiert schonend Ihre Ausdauer.
Joggen
Joggen bei Hitze mit einer Herz-Kreislauf-Erkrankung erfordert besondere Vorsicht, ist aber mit den richtigen Anpassungen für viele Patienten möglich. Hier gelten jedoch besondere Vorsichtsmaßnahmen:
- Ärztliche Freigabe ist Pflicht: Lassen Sie sich ärztlich bestätigen, dass Joggen bei Wärme für Sie unbedenklich ist
- Pulsgrenze strikt einhalten: Bleiben Sie 10–15 Schläge unter der maximalen Herzfrequenz, die Ihre Ärztin oder Ihr Arzt festgelegt hat
- Pulsmesser tragen: Verwenden Sie eine Pulsuhr oder einen Fitness-Tracker zur kontinuierlichen Überwachung
- Temperaturgrenze respektieren: bei über 25 °C nur mit äußerster Vorsicht, ab 30 °C kein Joggen für Herz-Patienten!
Sport und Bewegung bei Hitze: Auf die richtige Intensität achten
Bei sommerlichen Temperaturen sollten Sie die Intensität Ihres Trainings anpassen. Ihr Körper arbeitet bei Hitze bereits auf Hochtouren, um seine Temperatur zu regulieren. Hören Sie auf die Signale Ihres Körpers und reduzieren Sie Tempo und Dauer bei großer Hitze.
Nutzen Sie den sogenannten „Talk-Test“: Wenn Sie sich während des Sports noch unterhalten können, ist die Intensität angemessen. Fällt Ihnen das Sprechen schwer, sollten Sie einen Gang zurückschalten.
Flüssigkeitshaushalt im Blick behalten
Bei sommerlichen Aktivitäten ist die ausreichende Flüssigkeitszufuhr besonders wichtig. Trinken Sie vor, während und nach dem Sport genügend Wasser oder ungesüßte Getränke. Als Faustregel gilt: Trinken Sie alle 15–20 Minuten etwa 150–200 ml Flüssigkeit.
Achten Sie auf folgende Anzeichen eines Flüssigkeitsmangels:
- Kopfschmerzen
- Schwindel
- Müdigkeit
- Konzentrationsschwäche
- Dunkler Urin
Bei diesen Symptomen sollten Sie sofort Ihre Aktivität unterbrechen, einen schattigen Platz aufsuchen und ausreichend trinken.
Besondere Vorsicht bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Wenn Sie unter einer Herz-Kreislauf-Erkrankung wie Bluthochdruck, Herzinsuffizienz oder koronarer Herzkrankheit leiden, erfordert Sport im Sommer besondere Aufmerksamkeit:
Individuelle Belastungsgrenze beachten
Lassen Sie vor Beginn sommerlicher Aktivitäten Ihre aktuelle Belastbarkeit ärztlich überprüfen. Ein Belastungs-EKG kann wichtige Hinweise geben, welche Intensität für Sie sicher ist. Halten Sie sich unbedingt an die empfohlenen Pulsobergrenzen.
Spezifische Maßnahmen für Herz-Patienten
- Beginnen Sie jedes Training mit einer ausgedehnten Aufwärmphase von mindestens 10 Minuten
- Steigern Sie die Intensität langsam und schrittweise
- Planen Sie mehr Pausen ein als gewöhnlich
- Überwachen Sie Ihren Puls regelmäßig während des Sports
- Reduzieren Sie die Belastung bei Temperaturen über 25 °C deutlich
- Meiden Sie körperliche Anstrengung bei Temperaturen über 30 °C
Medikamente und Sport im Sommer
Bestimmte Herz-Kreislauf-Medikamente können bei Hitze und körperlicher Aktivität anders wirken:
- Blutdrucksenkende Mittel wie Betablocker oder ACE-Hemmer können den Blutdruck zusätzlich senken, wenn Sie schwitzen und Sport treiben
- Medikamente wie Betablocker können die Steigerung der Herzfrequenz limitieren
- Diuretika (wassertreibende Medikamente) erhöhen den Flüssigkeitsverlust, achten Sie auf ausreichendes Trinken
- Sprechen Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt, ob die Medikamentendosis im Sommer angepasst werden sollte
Absolute Warnsignale zum sofortigen Stopp
- Brustschmerzen oder -enge jeder Art
- Unregelmäßiger Herzschlag oder Herzstolpern
- Schwindel oder Benommenheit
- Ungewöhnliche Kurzatmigkeit
- Übermäßige Erschöpfung
- Übelkeit
- Abnorme Schwitzreaktion (plötzliches Aussetzen des Schwitzens)
Sport im Sommer und bei Hitze – Fazit
Bei Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen besteht bei hohen Temperaturen ein erhöhtes Risiko für hämodynamische Instabilität und thermoregulatorische Fehlanpassungen. Mit geeigneter Planung, klimatisch angepasstem Setting, optimierter Flüssigkeitszufuhr und ärztlich überwachter Belastungssteuerung ist Sport auch im Sommer unbedenklich.
Literatur
- Périard, J. D., Racinais, S., & Sawka, M. N. (2015). Adaptations and mechanisms of human heat acclimation: Applications for competitive athletes and sports. Scandinavian Journal of Medicine & Science in Sports, 25(S1), 20–38.
- American College of Sports Medicine. (2019). Exercise and Fluid Replacement: Position Stand. Medicine & Science in Sports & Exercise, 51(9), 1643-1651.
- European Society of Cardiology. (2020). 2020 ESC Guidelines on sports cardiology and exercise in patients with cardiovascular disease. European Heart Journal, 42(1), 17-96.