Luftnot und Leistungseinschränkungen im Winter sind wesentlich durch den Kreislauf und die Gesundheit Ihrer Atemwege bestimmt. Die Trockenheit der kalten Luft spielt die entscheidende Rolle. Ob Sie ein erhöhtes Risiko haben und wie Sie leistungsstark durch den Winter kommen, erfahren Sie hier.
Atemprobleme: Luftnot im Winter
Zu uns in die Cardiopraxis kommen in der kalten Jahreszeit, beginnend ungefähr Anfang November immer wieder Menschen, die über eine Leistungseinschränkung nicht selten in Verbindung mit Luftnot berichten.
Bei diesen Menschen, die ausschließlich im Winter Luftnot und Leistungseinschränkungen verspüren, können wir fast immer einen Kreislauf mit einem verringerten Blutfluss und/oder eng-gestellte Atemwege feststellen. Ursächlich für diese Befunde sind die saisonale Kälte und die niedrige absolute Luftfeuchtigkeit.
Besonders gefährdet sind Menschen, die eines der folgenden Merkmale aufweisen:
- gesteigertes Kältegefühl
- schlanker Körperbau
- höheres Alter
- aktive und ehemalige Zigarettenraucher
- Bluthochdruck
Kälte und Luftfeuchtigkeit – Körper und Umwelt
Der Mensch lebt in einem ständigen Austausch mit der Umwelt. Das gilt auch für Temperatur und Feuchtigkeit. Ist Ihre Umgebung zu kalt, dann droht Ihr Körper auszukühlen; ist Ihre Umgebung zu trocken, dann droht Ihr Körper auszutrocknen.
Körpertemperatur
Jeder Mensch hat einen individuellen Sollwert für die Körpertemperatur. Der Sollwert ist die mittlere Temperatur mit einer Schwankungsbreite von +/- 0,3 Grad Celsius, bei der der Stoffwechsel Ihrer Organe am besten funktioniert. Liegt Ihre Körpertemperatur außerhalb dieses Bereichs, kommt es zu Stress- und Ausgleichsreaktionen, die meistens Adrenalin-vermittelt sind.
Feuchtigkeit
Ohne einen ausgeglichenen Flüssigkeitsgehalt in Ihrem Körper kann Ihr Stoffwechsel nicht funktionieren. Denn es gilt: ohne Flüssigkeit kein Stoffwechsel, ohne Stoffwechsel keine Wärme, ohne Wärme kein Blutfluss. Der Flüssigkeitsgehalt Ihres Organismus hängt dabei vom Verhältnis von Aufnahme, Bedarf und Abgabe ab.
Die Luftfeuchtigkeit ist hierbei ein unterschätzter Risikofaktor für die Gesundheit. Je niedriger die Umgebungstemperatur desto weniger Feuchtigkeit kann die Luft aufnehmen. Daher ist die häufig angegebene relative Luftfeuchtigkeit ein trügerischer Wert. Sie gibt lediglich an, mit wieviel Prozent die Luft bei einer bestimmten Temperatur gesättigt ist und damit indirekt, wieviel sie noch aufnehmen kann.
Biologisch viel aussagekräftiger als die relative Luftfeuchtigkeit ist die absolute Luftfeuchtigkeit. Sie kann mit Hilfe von Apps aus Temperatur und relativer Luftfeuchtigkeit berechnet werden und sollte 9-12 g pro m3 betragen.
Relative & absolute Luftfeuchtigkeit – Praxisbeispiel
Um den Vergleich zwischen relativer und absoluter Luftfeuchtigkeit zu verdeutlichen, ist hier ein Beispiel für dieselbe relative Luftfeuchtigkeit von 50%:
Die absolute Luftfeuchtigkeit beträgt bei 20 0C = 8,61 g/m3 und bei 10 0C = 4,69 g/m3. Liegt die Außentemperatur zum Beispiel bei 5 0C, was in unseren Breitengraden im Winter häufig der Fall ist, messen wir zwar häufig eine hohe relative Luftfeuchtigkeit von 85%, die absolute Luftfeuchtigkeit beträgt lediglich niedrige 5,76 g/m3.
Luftnot im Winter – Kälte und verringerte Durchblutung
Im Winter ist es kälter als im Sommer und Ihr Körper muss mehr Stoffwechselleistung aufbringen, um Ihre Körpertemperatur auf Ihrem individuellen Sollwert zu halten. Wenn das nicht möglich ist, schaltet Ihr Körper auf Reservesysteme zur Stoffwechselsteigerung um. Diese sind meistens Adrenalin-vermittelt und wir kennen alle das Begleitphänomen, das von einem unterschwelligen Kältegefühl über gut merkbares Frieren bis hin zum Kältezittern reicht. Das kann auch einen Bluthochdruck begünstigen.
Bei Kälte versucht Ihr Körper auch die Wärme vermehrt im Körper halten, sodass die lebenswichtigen Organe einschließlich Gehirn optimal funktionieren können. Das wird besonders über die Durchblutung der peripheren Muskeln, das heißt von Armen und Beinen reguliert. Wir wissen: je mehr Kälte, desto geringer die sogenannte periphere Durchblutung und folglich ist die Wärmeabgabe desto geringer. Jeder von uns kennt das sehr gut von den kalten Händen und Füßen im Winter.
Eine verringerte Durchblutung bedeutet aber auch, dass die Muskeln nicht mehr so gut mit Blut und damit auch mit Sauerstoff versorgt werden. Das führt unter anderem dazu, dass dem wenigen Blut, was dem peripheren Körper angeboten wird, mehr Sauerstoff entzogen wird. Auch dieses Phänomen kennen wir, wenn im Extremfall Hände, Ohren, Nase und Lippen blau werden.
Im Winter führen diese Reaktionen auf Kälte, mit einem erhöhten Stoffwechselbedarf in Verbindung mit einer verringerten Durchblutung zu Leistungseinschränkung und Luftnot.
Risiko: Kälte und Trockenheit reizt Atemwege
Im Winter ist in unseren Breitengraden die absolute Luftfeuchtigkeit geringer als im Sommer. Das bedeutet: Ihr Körper gibt über die Atemwege mehr Feuchtigkeit an die Umgebung ab, was Ihren Stoffwechsel verringert. Dabei sind die Schleimhäute der Atemwege trockener, was Ihre Schleimhautgesundheit gefährdet.
Die Schleimhaut der Atemwege, von der Nase beziehungsweise vom Mund über die Bronchien bis zu den kleinen Lungenbläschen, steht im ständigen Kontakt mit der Außenluft. Sie ist daher auch eine Barriere gegen das Eindringen von Schadstoffen sowie von Viren und Bakterien.
Ist Ihre Schleimhaut zu trocken, dann kann sie ihre Schutzfunktion – sei es durch eine biochemische Immunantwort oder durch einen mechanischen Abtransport – nicht mehr richtig erfüllen. Folglich steigt das Risiko für eine Atemwegsentzündung, auch Bronchitis oder gar eine Lungenentzündung. Wir kennen das alle sehr gut von der Häufung von Erkältungskrankheiten – einschließlich der Grippe in den Wintermonaten.
Unter immunologischen Gesichtspunkten ist hier noch anzumerken, dass durch Kälte und Trockenheit nicht nur die Abwehr Ihres Körpers geschwächt wird. Sondern es können auch viele Kälteviren in der Umgebungsluft außerhalb eines biologischen Organismus länger überleben.
Eine Entzündung der Atemwege bedeutet, dass sich die Atemwege verkrampfen. Das kann als eine Übersteigerung eines normalen Schutzmechanismus verstanden werden, um die Atemwege von Schadstoffen zu befreien. Wir kennen das sehr gut vom produktiven, schleimvollen Husten.
Besteht die Engstellung der Atemwege dauerhaft über einen längeren Zeitraum, dann wird die Atemarbeit bei der Einatmung erhöht. Das reduziert dann die körperliche Leistungsfähigkeit mit der bekannten Belastungsluftnot. Hinzu kommt, dass die Luft aus der Lunge schlechter entweichen kann, was dann eine Überblähung zur Folge haben kann. Das trägt wiederum zu einer noch stärker erschwerten Einatmung bei.
Kurzum: im Winter schwächt die trockene Luft die Abwehrfunktion Ihrer Atemwege und gerade Viren können eine Entzündung bewirken. Die entzündeten, enggestellten Atemwege mit der meist begleitenden Überblähung der Lunge verursachen dann Luftnot und Leistungseinschränkungen.
Kreislauf & Lunge: Maßnahmen für Gesundheit im Winter
Grundsätzlich sollten Sie mit Beginn der kalten Jahreszeit auf einige einfache Verhaltensmaßregeln achten, um Ihren Kreislauf und Ihre Lunge zu schützen:
- Trinkmenge 30-40 ml pro kg Körpergewicht und Tag (auch am Nachmittag und Abend, regt den Stoffwechsel an)
- wärmende Speisen (zum Beispiel gut gewürzt, regen den Stoffwechsel an)
- regelmäßige körperliche Aktivität (regt Stoffwechsel an)
- warme Kleidung (auch im Bett, verhindert unterschwelliges Frieren zwischen 2:00h und 4:00h)
- Mund-Nasen-Bedeckung (zum Beispiel Schal, hält Atemwege warm und feucht)
- Luftbefeuchter (zum Beispiel Heißluftverdampfer, vor allen Dingen im Schlafzimmer, verhindert Austrocknung während der langen Schlafzeit)
In der Cardiopraxis vereinbaren wir Vorsorgetermine mit Menschen, die ein erhöhtes Risiko für einen herabgesetzten Kreislauf und Probleme mit den Atemwegen habe, gezielt vor Beginn des Winters. Mithilfe der Kreislaufmessung (Photoplethysmografie, FinapresⓇ) und der Lungenfunktionsuntersuchung können wir die individuelle Ursache einer Leistungsstörung frühzeitig erfassen.
Wir passen dann - falls erforderlich – die Medikation an und leiten gezielte Maßnahmen zur Anregung des Stoffwechsels ein. Sind die Bronchien betroffen, empfehlen wir Ihnen die meist nur vorübergehende Einnahme von Bronchialsprays.
Menschen, bei denen schon mal ein Problem mit engen Atemwegen im Winter in der Vergangenheit aufgetreten ist, zeigen wir den Umgang mit einem Peakflowmeter. Mit diesem können sie ihre Atemwegsgesundheit im Winter selber regelmäßig überprüfen.
So machen wir Sie dann im wahren Sinne des Wortes „winterfest“.