Mehr Muskelmasse, mehr Kraft- immer mehr Freizeitathleten greifen zu Testosteron und anderen hormonellen Substanzen. Wie gefährlich dieses Doping für die Herz-Kreislauf-Gesundheit ist, stellen wir im Folgenden dar.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Vimeo. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Anabole Steroide- geschätzt von 200.000 Menschen in Deutschland konsumiert
Anabole Steroide sind die weltweit am häufigsten konsumierten Substanzen, um vermehrt Muskelmasse und Leistungsfähigkeit aufzubauen. Das männliche Geschlechtshormon Testosteron und dessen synthetische Varianten kurbeln den körperlichen Aufbau-Stoffwechsel an. So wird die Proteinsynthese des Körpers verstärkt und gleichzeitig der Abbau der körpereigenen Eiweißvorräte vermindert. Hierdurch wird schneller Muskelmasse aufgebaut, verbunden mit einem höheren Kraftzuwachs. Zudem reduziert sich der Körperfettanteil bei Zunahme der Skelettmasse. Die Produktion der roten Blutkörperchen (Erythrozyten) im Knochenmark wird angekurbelt, so dass mehr Sauerstoff den Muskeln zur Verfügung steht.
Durch Dopingkontrollen ist der Missbrauch anaboler Steroide weniger bei Leistungssportlern als vielmehr bei Freizeitathleten (80%) anzutreffen. Geschätzt konsumieren in Deutschland 200.000 Menschen anabole Steroide.
Zahlreiche hormonelle Nebenwirkungen unter dauerhafter Anabolika-Einnahme
Der androgenen Wirkung ist es zuzuschreiben, dass eine Reihe von hormonellen Veränderungen bei dauerhafter Einnahme von anabolen Steroiden zu beobachten sind. Beispielsweise kommt es bei Frauen zu einer „Virilisierung“ mit Bartwuchs, verstärkter Körperbehaarung, Stimmveränderungen mit heiserer Stimme und Amenorrhoe (ausbleibende Menstruation). Äußerlich fällt auch die sogenannte Steroidakne durch eine Stimulation der Talgdrüsen auf.
Entgegen des muskelbepackten Erscheinungsbildes ist bei Männern die regelmäßige Testosteron-Einnahme mit einem negativen Feedback auf die körpereigene Sexualhormon-Produktion gekoppelt. So registriert der Körper das gespritzte Testosteron und signalisiert so dem Hoden einen Produktionsstopp, was wiederum eine Schrumpfung des Organs mit einer Hodenatrophie (Hodenverkleinerung) zur Folge hat. Folgen sind Infertilität (Unfruchtbarkeit), Erektionsprobleme und Libidoverlust. Da Testosteron durch die Aromatase zu Östrogen abgebaut wird, entsteht bei Männern auch oft eine Gynäkomastie, d.h. eine Brustvergrößerung.
Psychische Wirkungen bestehen in Form gesteigerter sexueller Erregbarkeit, Gereiztheit, auch Aggressivität. Hohe Dosierungen können einen euphorischen Zustand induzieren. Oft kommt es nach dem Absetzen jedoch zu einem Stimmungstief und Depression.
Chronischer Anabolika-Konsum schädigt Organe und kann zu Schlaganfällen führen
Ein Großteil der verwendeten Substanzen führt zu Dysfunktionen in verschiedenen Organsystemen. Die längere Anwendung von Testosteron zeigt beispielsweise direkt toxische Wirkungen auf die Leber und kann Lebertumore entstehen lassen.
Auch nimmt die Insulinsensitivität in den Zellen ab und erhöht so das Risiko für einen Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit).
Durch den vermehrten Abbau von Testosteron zu Östrogen sehen wir oft eine vermehrte Wasseransammlung im Körper. Zudem begünstigt die vermehrte Wasser- und Salzretention die Entstehung von Bluthochdruck.
Neben einer atherogenen Wirkung, die auf einer Erhöhung des „bösen“ LDL-Cholesterins beruht, verschlechtern anabole Steroide die Fließeigenschaften des Blutes. Durch die gesteigerte Blutbildung von roten Blutzellen im Knochenmark besteht die Gefahr, dass das Blut “dicker“ wird und der Blutfluss zum Stehen kommt. Eine Blutgerinnselbildung kann die Folge sein. Neben dieser erhöhten Viskosität führt auch ein vermehrtes Verklumpen von den Blutplättchen zu Thrombosen mit beispielsweise Schlaganfall oder Lungenarterienembolie.
Schäden des Herz-Kreislaufsystems unter chronischem Anabolika-Konsum: Zum Teil irreversibel
Anabole Steroide führen zu einer Herzmuskelverdickung. Wir sprechen im medizinischen von einer Herzhypertrophie. Durch die Vergrößerung der Herzmuskelzellen im Verhältnis zu den Kapillaren, den kleinsten und feinsten Verästelungen der Blutgefäße, reicht die Sauerstoff-Versorgung nicht mehr aus. Gerade bei körperlicher Anstrengung treten dann Schäden durch die Sauerstoff-Unterversorgung auf. Schlimmstenfalls gehen Herzmuskelzellen zugrunde. Wir sprechen dann von Nekrosen, narbige Veränderungen (Fibrosen) sind die Folge. Hierdurch steigt auch das Risiko für schwere Herzrhythmusstörungen bis zum plötzlichen Herztod.
Der Konsum anaboler Steroide kann zu irreversiblen, d.h. bleibenden, Schäden am Herzen führen. Hinweise für eine direkte Kardiotoxizität ergab eine Beobachtungsstudie 2017, in der Freizeitsportler mit aktivem und in der Vergangenheit bestehendem Konsum von anabol-androgenen Steroiden untersucht worden waren. Generell war die Pumpkraft des Herzens bei den aktiven Anabolika-Nutzern signifikant geringer als bei der Kontrollgruppe ohne Anabolika-Konsum. Zudem fand sich auch eine Vergrößerung der Herzkammer. Die Pumpfunktion der Sportler, die die Einnahme eingestellt hatten, war wiederum normal. Die Autoren vermuten, dass sich die Pumpfunktion der linken Hauptkammer erholen kann, sobald die Einnahme gestoppt wird.
Die diastolische Funktion, d.h. die Entspannungsfähigkeit des Herzmuskels, blieb dagegen selbst bei den Teilnehmern, die ihren Anabolika-Konsum bereits eingestellt hatten, weiterhin reduziert. Die Steroid-Einnahme verursacht hier wahrscheinlich dauerhafte, nicht-reversible Schäden.
Neben der Herzmuskelerkrankung zeigten die Anabolika-Konsumenten auch erste Anzeichen einer koronaren Herzerkrankung: So fanden sich in der CT-Angiografie häufiger Koronarplaques und die lebenslang eingenommene Anabolika-Dosis korrelierte stark mit dem Ausmaß des atherosklerotischen Befundes (Gefäßverkalkung).
Fazit
Zusammenfassend können die anabolen Steroide bei chronischem Konsum schwere Schäden im Herz-Kreislauf-System verursachen. Dazu zählen ein erhöhtes Risiko für arteriosklerotische Erkrankungen, Thrombosen, gefährliche Herzrhythmusstörungen und Herzschwäche. Daher sollten sich Anabolika-Konsumenten unbedingt kardiologisch untersuchen lassen!
Literatur
- Aaron L. Baggish et al: Cardiovascular Toxicity of Illicit Anabolic-Androgenic Steroid Use May 2017 Circulation. 2017;135:1991-2002
- Kindermann, W. Kardiovaskuläre Nebenwirkungen von anabol-androgenen Steroiden. Herz 31, 566-573 (2006)
- Colao A et al. Growth hormone and the heart. Clin Endo- crinol 2001; 54: 137-54