Medikamente können einen Mikronährstoffmangel verursachen, was wiederum Folgen für Ihre körperliche und geistige Leistungsfähigkeit hat. Hier erfahren Sie mehr.
Mikronährstoffmangel – Nebenwirkung von Medikamenten?
Mikronährstoffe sind ein wertvoller Bestandteil unserer Ernährung für ein gesundes Leben. Als Mikronährstoffe werden Vitamine, Mineralien und Spurenelemente bezeichnet. Sie haben in Ihrem Körper zum Beispiel als Ko-Faktoren für Enzyme eine wichtige regulierende Funktion für die biochemischen Prozesse, sind essenziell für den Energiestoffwechsel, Baustoffe und helfen bei der Nervenfunktion.
In der Regel reicht eine ausgewogene Ernährung aus und die meisten Menschen nehmen Mikronährstoffe in ausreichendem und im gesunden Maß zu sich. Allerdings können Mangelzustände auftreten. Die Bedeutung von Medikamenten, übrigens auch die der „Pille“ als Ursache von Mangelzuständen wird meistens unterschätzt. Medikamente können wahre „Mikronährstoffräuber“ sein.
Auch Menschen, die Herz-Kreislaufmedikamente und eine typische Begleitmedikation einnehmen müssen hier achtsam sein.
Ursachen für einen Mangel an Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen
Wir kennen verschiedene Wege, über den sich ein Mikronährstoffmangel in unserem Körper entwickeln kann.
- eingeschränkte Zufuhr (einseitige unkontrollierte Ernährung)
- verminderte Aufnahme im Körper (zum Beispiel Darmerkrankungen)
- erhöhter Bedarf (zum Beispiel Wachstum, Schwangerschaft)
- erhöhter Verbrauch (zum Beispiel chronische Erkrankungen, Entzündungen, nach Operation)
- vermehrte Ausscheidung (zum Beispiel Nierenerkrankungen, Darmerkrankungen)
Wer hat ein erhöhtes Risiko für einen Mikronährstoffmangel?
Bei bestimmten Menschen ist das Risiko für einen Mikronährstoffmangel erhöht. Das gilt vor allen Dingen für:
- heranwachsende Menschen
- einseitige Ernährung (zum Beispiel unkontrollierte vegetarische und vegane Ernährung)
- Zigarettenraucher
- Alkoholiker
- Frauen vor der Menopause (Regelblutung, Pille)
- Frauen in Schwangerschaft und Stillzeit
- akut und chronisch kranke Menschen (zum Beispiel Entzündung, Schmerzen, Tumorerkrankung)
- Menschen in körperlichen und geistigen Belastungssituationen (zum Beispiel Operation)
- unkontrollierte Selbstmedikation (Medikamente, Nahrungsergänzungsmittel)
- Menschen mit kontrollierter Medikamenteneinnahme
- ältere Menschen
In der Cardiopraxis machen wir durch Laboruntersuchungen regelmäßig die Erfahrung, dass bei zahlreichen Menschen für bestimmte Mikronährstoffe grenzwertig niedrige oder tatsächlich niedrige Werte für bestimmte Mikronähstoffe vorliegen. Das gilt generell vor allen Dingen für Vitamin D, Vitamin C, Folsäure, Jod und Selen. Hinzu kommt noch der Eisenmangel bei Frauen vor der Menopause und älteren Menschen.
Liegen grenzwertig niedrige Werte für bestimmte Mikronährstoffe vor, das heißt besteht ein latenter Mikronährstoffmangel, dann können zusätzliche der genannten Risiken, wie zum Beispiel eine Erkrankung, eine Operation oder auch eine Medikamenteneinnahme eine merkbare Störung der Körperfunktionen zur Folge haben.
Welche Symptome macht ein Mikronährstoffmangel?
Symptome sind Zeichen für eine körperliche Störung, die wir selbst merken können. Die häufigsten Symptome für einen Mikronähstoffmangel sind:
- Antriebslosigkeit, Müdigkeit (Risiko: Fehldiagnose „Depression“)
- innere Unruhe (Risiko: Fehldiagnose „Angststörung“)
- Reizbarkeit
- Lern- und Konzentrationsstörungen (Risiko: Fehldiagnose „Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung“)
- Schlafstörungen
- Störungen des weiblichen Zyklus
- muskuläre Schwäche
- Infektanfälligkeit
- trockene Haut, Haarausfall, brüchige Nägel
Symptome sind unspezifisch, das heißt, sie können einen Mikronähstoffmangel nicht „beweisen“. Vielmehr können die genannten Symptome auch auf ernsthafte Erkrankungen hinweisen, die der ärztlichen Abklärung bedürfen.
Hinzu kommt, dass Störungen im Bereich bestimmter Organe (zum Beispiel Leber, Niere, Darm) erst sehr spät bemerkt werden. Das liegt daran, dass die meisten Organe in der Lage sind trotz funktioneller und struktureller Ausfälle eine Mangelsituation über einen langen Zeitraum auszugleichen.
Anders ist es bei Gehirn und Nervensystem. Das liegt auch daran, dass das Gehirn 20% des Gesamtenergiebedarfs des Körpers benötigt und darüber hinaus auch der Ort der Symptomwahrnehmung ist. Deshalb lassen sich zahlreiche der oben genannten Symptome eines Mikronährstoffmangels auch dem Gehirn und dem Nervensystem zuordnen.
Wichtige Fragen bei der Einnahme von Medikamenten und Symptomen
Wenn Sie Medikamente einnehmen und geistige beziehungsweise körperliche Symptome haben, dann sollten Sie sich immer folgende Fragen stellen:
- Sind die Symptome im Beipackzettel meines Medikaments vermerkt?
- Besteht ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Beginn der Symptome und dem Beginn der Medikamenteneinnahme?
- Haben meine Medikamente Einfluss auf meinen Stoffwechsel für Vitamine, Mineralien und Spurenelemente?
Hochrisikogruppe für Mikronährstoffmangel – ältere Menschen mit Medikamenteneinnahme
Gerade ältere Menschen sollten besonders auf eine ausgewogene Ernährung achten. Normalerweise sinkt mit dem Alter der Energiebedarf und damit auch der Kalorienbedarf. Als Folge davon, essen ältere Menschen meistens auch weniger.
In der Tat ist es so, dass nämlich der Bedarf an Mineralstoffen, Vitaminen und Spurenelementen über das ganze Leben gleich hoch bleibt. Folglich ist die verringerte Nahrungsaufnahme ein entscheidender Grund für den Mangel an Mikronährstoffen bei älteren Menschen. Demnach sollten vor allen Dingen ältere Menschen auf eine ausreichende Zufuhr von Mikronährstoffen achten.
Hinzu kommt, dass ältere Menschen häufig zahlreiche Medikamente einnehmen, so dass hier ein latenter Mikronährstoffmangel häufig noch verstärkt wird.
Welche Medikamente können bei Herz-Kreislaufmedikamenten einen Mangel an Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen verursachen?
Hier finden Sie eine Auswahl von Medikamenten, die vor allen Dingen häufig bei Herz-Kreislaufpatienten eingesetzt werden und eine Mikronährstoffmangel verursachen können:
- Aspirin:
- Vitamin C, Vitamin B12, Folsäure und Eisen
- Statine (zum Beispiel Simvastatin, Atorvastatin):
- Co-Enzym Q10, Selen
- AT-Blocker (zum Beispiel Losartan):
- Zink
- ACE-Hemmer (zum Beispiel Captopril, Enalapril):
- Zink
- Betablocker (zum Beispiel Metoprolol):
- Co-Enzym Q10
- Torasemid, Furosemid, Hydrocholortiazid:
- Vitamin B1, Kalium und Zink
- Triamteren:
- Folsäure
- Metformin:
- Vitamin B12, Magnesium
- Glibenclamid:
- Co-Enzym Q10
- Protonenopumpen-Hemmer (zum Beispiel Pantoprazol, Omeprazol):
- Vitamin B12, Vitamin C, Folsäure, Kalzium, Magnesium und Eisen
- H2-Blocker (zum Beispiel Ranitidin, Famotidin):
- Folsäure, Zink, Eisen, Kalzium und Vitamin D
- Orale Kontrazeptiva („Pille“):
- Vitamin B2, Vitamin C und Magnesium
- Kortison:
- Vitamin D, Vitamin K, Kalzium, Kalium und Zink
Folglich sollten Sie immer auf Symptome eines Mikronährstoffmangels achten, wenn Sie Medikamente einnehmen. Vor allen Dingen sollten Sie sich grundsätzlich zur Wirkung Ihrer Medikamente auf Mikronährstoffe erkundigen, denn auch zahlreiche andere Medikamente können zu einem symptomatischen Mikronährstoffmangel führen.
Wie kann ich einen Mikronährstoffmangel bei Medikamenten behandeln?
Wenn Sie nun feststellen, dass Sie Medikamente einnehmen, die einen Mikronährstoffmangel verursachen können, und sogar zu einer Risikogruppe gehören, dann werden Sie sich fragen, was Sie nun tun sollen.
Optimales Vorgehen bei Medikamenteneinnahme – Mikronährstoffmangel vermeiden durch Laboruntersuchung
Gerade wenn sie dauerhaft Medikamente zu sich nehmen, dann ist es optimal, wenn Sie bei Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt regelmäßig gezielt Labortests durchführen. Gezielt bedeutet hier, dass erst einmal nur die Mikronährstoffe bestimmt werden, für die durch Ihre Medikamente ein erhöhtes Risiko für einen Mangel besteht, zum Beispiel für die Einnahme des Statins Atorvastatin die Messung von CoEnzym Q10 und Selen.
Problematisch (und ärgerlich) ist, dass in Deutschland bei gesetzlich versicherten Menschen die Laborkosten für die Bestimmung der meisten Vitamine, Mineralien und Spurenelemente nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden. Vielleicht führt Ihre Hausärztin oder Ihr Hausarzt den Test trotzdem durch, möglicherweise müssen Sie die Kosten selbst übernehmen. Gerade, wenn Sie lebenslang ein Medikament einnehmen müssen, so zum Beispiel die Statine zur Cholesterinsenkung, dann lohnt sich die Laborbestimmung unabhängig von Symptomen 1-2-mal im Jahr.
Selbstmedikation mit Nahrungsergänzungsmitteln
Wenn Sie ohne Laborbestimmung einem Mikronährstoffmangel durch Medikamenteneinnahme vorbeugen wollen, dann sollten Sie vorsichtig sein. Mikronährstoffe können selbst zu überdosiert werden und dann sogar die Nebenwirkungen eines Mikronährstoffmangels aufweisen.
Um Nebenwirkungen einer nicht laborkontrollierten Nahrungsergänzung zu vermeiden, sollten Sie diese Präparate nur für maximal 2-4 Wochen täglich zusätzlich zuführen. Danach sollte die Einnahme 2-3-mal in der Woche genügen.
Soll ich bei Einnahme von Medikamenten meine Ernährung anpassen?
Ja, gerade wenn Sie die sogenannten „Mikronährstoffräuber“ nehmen, dann können Sie mit einer gezielten Ernährung Nebenwirkungen entgegenwirken. Wussten Sie, dass die Einnahme von 3-5 Paranüssen pro Woche schon einen Selenmangel ausgleichen kann? Überhaupt sind Nüsse sehr gehaltvoll.
Recherchieren Sie im Internet oder nutzen eine der zahlreichen Apps, zum Beispiel Nährwerte-Check gezielt nach den Nahrungsmitteln zu suchen, die Ihr persönliches Risiko ausgleichen zu können. Wichtig, gesunde Ernährung fängt beim Einkauf im Supermarkt an. Kaufen Sie immer wieder die notwendigen Lebensmittel und verbrauchen Sie sie dann auch.
Medikamente auf Mikronährstoffräuber überprüfen – Nahrungsergänzung besprechen
Zusammengefasst sollten Sie sich bei der Einnahme von Medikamenten spätestens dann, wenn Symptome auftreten fragen, welcher Mikronährstoffmangel speziell durch Ihre Medikamente verursacht werden kann. Das gilt nicht nur für Sie selbst, sondern auf für den Fall, dass Sie sich um Angehörige und Freunde kümmern. Auch wir Ärzte sollten hier wachsamer sein.
Sollten Sie sich für eine Selbstmedikation mit Nahrungsergänzungsmitteln entscheiden, dann sollten Sie kontrolliert vorgehen und gezielt für die in Frage kommenden Medikamente ergänzen. Vielleicht ist dieser Beitrag auch ein Anlass für Sie, dass Sie sich bewusster und gesünder ernähren.
Auf keinen Fall sollten Sie ein ärztlich verordnetes Medikament eigenständig reduzieren oder gar absetzen, denn das kann ernsthafte gesundheitliche Folgen für Sie haben.
Am besten besprechen Sie Ihr Vorgehen zur Optimierung Ihres Nährstoffhaushalts gemeinsam mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt.
Weiterführende Links:
Literatur:
- Gröber U Kisters K. Arzneimittel und Mikronährstoffe: Medikationsorientierte Supplementierung. 4. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, 2018
- Gröber U. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft. Arzneimittel als Mikronährstoffräuber: Was Ihr Arzt und Apotheker Ihnen sagen sollten. 1. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2017