Fragen Sie sich, ob das Nahrungsergänzungsmittel Omega-3 für Sie das gesund ist. Hier erfahren Sie, welche Dosis die richtige ist und wer ein besonders hohes Risiko für Vorhofflimmern durch Omega-3-Fettsäuren hat!
Omega-3-Fettsäuren gelten allgemein als gesund und werden häufig als Nahrungsergänzungsmittel eingenommen. Allerdings zeigen aktuelle Studien, dass eine zu hohe Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren, insbesondere über Nahrungsergänzungsmittel, das Risiko für Vorhofflimmern erhöhen kann.
Wir von der Cardiopraxis® möchten Sie daher über diesen Zusammenhang informieren und Ihnen Empfehlungen geben, worauf Sie bei der Einnahme von Omega-3-Präparaten achten sollten.
Vorhofflimmern erhöht das Schlaganfallrisiko
Vorhofflimmern ist die häufigste Herzrhythmusstörung. In Deutschland sind etwa 1,8 Millionen Menschen davon betroffen. Bei dieser Rhythmusstörung schlagen die Vorhöfe des Herzens nicht mehr regelmäßig und koordiniert, sondern „flimmern“ nur noch schnell und unkoordiniert.
Bedingt durch das Flimmern wird das Blut in den Vorkammern nicht mehr richtig durchmischt und es können sich Thromben (Blutgerinnsel) bilden. Thromben, die in der linken Vorkammer entstehen, können sich lösen und als Embolie über den Körperkreislauf Ihr Gehirn erreichen, eine Arterie verstopfen und so einen Schlaganfall verursachen.
Das Tückische am Vorhofflimmern ist, dass es oft unbemerkt bleibt, da es nicht immer Symptome verursacht. Unbehandelt erhöht Vorhofflimmern aber das Risiko für einen Schlaganfall um das 5-fache. Etwa jeder 20% aller Schlaganfälle wird auf ein unentdecktes Vorhofflimmern zurückgeführt. Pro Jahr erleiden rund 270.000 Menschen in Deutschland einen Schlaganfall, wovon bis zu 40 Prozent innerhalb des ersten Jahres versterben.
Was sind Omega-3-Fettsäuren und wozu sind sie gut?
Omega-3-Fettsäuren sind mehrfach ungesättigte Fettsäuren, die für viele Funktionen im Körper wichtig sind. Die bekanntesten Vertreter sind die Alpha-Linolensäure (ALA), die Eicosapentaensäure (EPA) und die Docosahexaensäure (DHA).
Omega-3-Fettsäuren haben viele gesundheitliche Vorteile:
- Regulierung der Blutfettwerte beteiligt, sie senken nachweislich den Triglyceridspiegel
- Entzündungshemmend
- Wichtig für die Entwicklung des Gehirns und der Sehkraft
- Senken das Risiko für Herzerkrankungen senken
Besonders reich an den wertvollen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA sind fette Fischarten wie Lachs, Makrele und Hering. Pflanzliche Quellen wie Leinsamen, Chiasamen und Walnüsse enthalten vor allem ALA.
Empfehlungen der Fachgesellschaften für die Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren
Für Omega-3-Fettsäuren gibt es Empfehlung für die tägliche Zufuhr mit der Nahrung:
- Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt für Erwachsene eine tägliche Zufuhr von 0,5% der Nahrungsenergie in Form der pflanzlichen Omega-3-Fettsäure Alpha-Linolensäure (ALA). Das entspricht bei einer Energiezufuhr von 2400 kcal etwa 1,3 g ALA pro Tag.
- Für die langkettigen marinen Omega-3-Fettsäuren Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) liegt die Empfehlung bei 250-300 mg pro Tag.
- Die Fachgesellschaften für Ernährung in Deutschland, Österreich und der Schweiz empfehlen täglich 250 mg EPA und 250 mg DHA.
- Die amerikanischen National Institutes of Health (NIH) geben je nach Altersgruppe Empfehlungen zwischen 500-1600 mg Omega-3-Fettsäuren pro Tag, wobei Frauen etwas weniger benötigen als Männer.
- Als Höchstmenge für EPA und DHA zusammen werden 1,5 g pro Tag für gesunde Erwachsene angegeben, um mögliche Nebenwirkungen zu vermeiden.
Der exakte Tagesbedarf für Omega-3-Fettsäuren ist nicht genau bekannt und hängt von individuellen Faktoren ab. Die Zufuhrempfehlungen sind daher als Schätzwerte zu verstehen. Insgesamt sollte auf eine ausgewogene Zufuhr von Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren im Verhältnis von etwa 1:5 geachtet werden.
Vorsicht bei Omega-3-Präparaten: Überdosierung kritisch für Vorhofflimmern
Omega-3-Präparate sind ein Verkaufsschlager. Allein in Deutschland wurden 2021 über 98 Millionen Euro mit Omega-3-Nahrungsergänzungsmitteln umgesetzt. Sie rangieren damit in den Top-10 der umsatzstärksten Nahrungsergänzungsmittel. Erhältlich sind Omega-3-Fettsäuren als Kapseln, Tabletten oder Öle in unterschiedlichen Dosierungen und Zusammensetzungen.
Viele dieser Präparate enthalten Omega-3-Fettsäuren in sehr hoher Konzentration. Üblich sind Dosierungen von 500-1000 mg pro Kapsel oder Teelöffel Öl. Es gibt aber auch hochdosierte Präparate mit bis zu 1400 mg EPA/DHA pro Kapsel. Zum Vergleich: Mit einer Portion fettreichem Seefisch nehmen Sie bereits etwa 1500-2000 mg EPA/DHA auf.
Wir müssen hierbei berücksichtigen, dass Nahrungsergänzungsmittel zusätzlich zur normalen Ernährung eingenommen werden, die bereits Omega-3-Fettsäuren enthält, so dass schon allein aus diesem Grund ein erhöhtes Risiko für eine Überdosierung besteht.
Omega-3-Fettsäuren bei Veganern und Vegetariern: Droht ein Mangel?
Vegetarier und insbesondere Veganer haben ein erhöhtes Risiko für einen Mangel an bestimmten Omega-3-Fettsäuren:
- Vegetarier und Veganer nehmen mit der Nahrung vor allem die pflanzliche Omega-3-Fettsäure Alpha-Linolensäure (ALA) auf, die in Leinsamen, Walnüssen, Chiasamen und Ölen wie Leinöl und Rapsöl enthalten ist.
- Die für den Körper besonders wichtigen langkettigen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA kommen jedoch hauptsächlich in Fisch vor. Der Körper kann ALA nur begrenzt in EPA und DHA umwandeln.
- Studien zeigen, dass Vegetarier und besonders Veganer häufig niedrige Blutwerte an EPA und DHA aufweisen.
Um einer Unterversorgung vorzubeugen, sollten Vegetarier und Veganer gezielt ALA-reiche Lebensmittel wie Leinsamen und Walnüsse verzehren und gleichzeitig die Aufnahme von Omega-6-Fettsäuren reduzieren. Vegane Algenöl-Präparate können eine zusätzliche Quelle für EPA und DHA sein.
Regelmäßige Laborkontrollen des Omega-3-Status können sinnvoll sein, um einen Mangel frühzeitig zu erkennen. Gegebenenfalls ist eine Nahrungsergänzung mit Omega-3-Fettsäuren sinnvoll.
Die Studienlage – Vorsicht bei Omega-3: Zu hohe Dosis kann Vorhofflimmern auslösen
Mehrere große Studien haben in den letzten Jahren den Zusammenhang zwischen der Einnahme von Omega-3-Fettsäuren und dem Auftreten von Vorhofflimmern untersucht:
- Eine Metaanalyse von 7 Studien von Gencer et al. mit insgesamt über 81.000 Teilnehmern zeigte: Bei einer täglichen Einnahme von >1 g Omega-3-Fettsäuren über mindestens ein Jahr stieg das Risiko für Vorhofflimmern um 49%.
- Eine Meta-Analyse von Yan et al. die ein Risikosteigerung von 32% für Vorhofflimmern unter Omega-3-Fettsäuren ermittelte.
- In der REDUCE-IT-Studie mit über 8000 Teilnehmern trat bei 5,8% der Patienten, die täglich 4 g eines EPA-Präparats einnahmen, Vorhofflimmern auf. In der Placebogruppe waren es nur 4,5%.
- Auch eine gepoolte Analyse von 5 Studien mit knapp 78.000 Teilnehmern kam zu dem Ergebnis: Eine Supplementierung mit Omega-3-Fettsäuren erhöht dosisabhängig das Risiko für Vorhofflimmern, besonders bei Patienten mit bestehenden Herzerkrankungen oder Risikofaktoren.
Das Risiko für das Auftreten von Vorhofflimmern steigt dosisabhängig, das heißt je mehr Omega-3-Fettsäuren eingenommen werden, desto höher ist das Risiko Vorhofflimmern zu entwickeln.
Aufgrund dieser Daten hat die europäische Arzneimittelbehörde EMA 2023 beschlossen, in den Produktinformationen von Omega-3-Arzneimitteln auf das erhöhte Risiko für Vorhofflimmern hinzuweisen. Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt, Omega-3-Präparate nur nach Rücksprache mit einem Arzt einzunehmen, wenn Herzerkrankungen oder Risikofaktoren vorliegen.
Es sollte nur Präparate genommen, die <1g Omega-3-Fettsäuren enthalten.
Wie können Omega-3-Fettsäuren Herzrhythmusstörungen auslösen?
Warum eine hohe Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren Vorhofflimmern begünstigen kann, ist noch nicht abschließend geklärt. Diskutiert werden verschiedene Mechanismen:
- Omega-3-Fettsäuren können sich in die Zellmembranen der Herzmuskelzellen einlagern und so die elektrische Erregbarkeit und Reizweiterleitung im Herzen beeinflussen, was wiederum Vorhofflimmern begünstigt
- Omega-3-Fettsäuren sind Ausgangsstoffe für Eicosanoide und andere Botenstoffe, die Entzündungsprozesse regulieren. Eine Verschiebung des Gleichgewichts dieser Botenstoffe könnte Vorhofflimmern begünstigen.
- Sehr hohe Omega-3-Dosen können den Cholesterinspiegel ungünstig beeinflussen und so das Risiko für Herzerkrankungen erhöhen.
- Stoffwechselprodukte von Omega-3 Fettsäuren können potenziell schädlich wirken.
Für wen sind Omega-3-Präparate in hoher Dosis riskant?
Laut aktuellen Studien können hochdosierte Omega-3-Präparate bei bestimmten Personengruppen das Risiko für Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern deutlich erhöhen. Besonders gefährdet sind Menschen, die bereits eine Herzerkrankung haben oder Risikofaktoren dafür aufweisen:1
- Personen mit wiederkehrenden zusätzlichen Herzschlägen der Vorhöfe (Vorhofextrasystolen)
- Patienten, bei denen das Vorhofflimmern anfallsweise auftritt (paroxysmales Vorhofflimmern)
- Menschen mit einer koronaren Herzkrankheit, Herzschwäche oder Herzklappenerkrankungen
- Patienten mit Bluthochdruck, Diabetes oder starkem Übergewicht
- Ältere Menschen
Bei diesen Risikogruppen ist der Anstieg der Vorhofflimmergefahr durch eine hochdosierte Einnahme von Omega-3-Fettsäuren wahrscheinlich deutlich stärker ausgeprägt als die in der Gesamtgruppe beobachtete Zunahme um bis zu 49%. Da an den Studien sowohl Gesunde als auch Risikopatienten teilnahmen, muss bei den gefährdeten Personengruppen von einem überproportional hohen Anstieg des Risikos ausgegangen werden.
Omega-3 Fettsäuren gesund aufnehmen – Vorhofflimmern verhindern
Omega-3-Fettsäuren sind zweifellos wichtig für die Gesundheit. Vor dem Hintergrund des nachgewiesenen Risikos von Vorhofflimmern durch Omega-3-Fettsäuren raten wir Ihnen dazu sich zum Gehalt von Omega-3-Fettsäuren in Nahrungsmitteln zu informieren und sich einfach gesund zu ernähren.
Für omnivore Erwachsene mit einem Wochenbedarf von 1.750 mg Omega-3-Fettsäuren empfiehlt Ihnen Cardiopraxis® daher:
- Seefisch 1–2-mal pro Woche essen, am besten fettreiche Sorten
- Täglich 1 EL Leinöl und andere ALA-reiche Pflanzenöle verwenden
- Regelmäßig Leinsamen, Chiasamen und Walnüsse essen
Auf ein ausgewogenes Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3 von maximal 5:1 achten und dafür Omega-6-reiche Öle wie Sonnenblumen-, Distel- oder Maiskeimöl reduzieren.
Eine Nahrungsergänzung mit Fischöl- oder Algenölkapseln ist bei einer ausgewogenen Ernährung in der Regel nicht nötig.
Von einer Einnahme hochdosierter Omega-3-Präparate ohne ärztliche Empfehlung raten wir dagegen ab. Wie die aktuelle Studienlage zeigt, können Omega-3-Fettsäuren in Dosierungen > 1 g pro Tag das Risiko für Vorhofflimmern erhöhen, besonders wenn bereits eine Herzerkrankung oder Risikofaktoren vorliegen. Wir raten zu folgender maximalen Dosis von Omega-3-Fettsäuren: <1 Gramm
Mit der richtigen Anwendung können Omega-3-Fettsäuren, in den allermeisten Fällen durch eine gesunde Ernährung ohne zusätzliche Nahrungsergänzungsmittel einen wertvollen Beitrag zu Ihrer Herzgesundheit leisten. Das Risiko für Vorhofflimmern ist dadurch nicht erhöht.
Literatur
- Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Omega-3-Fettsäure-haltige Arzneimittel: Dosisabhängig erhöhtes Risiko für Vorhofflimmern bei Patienten mit etablierten kardiovaskulären Erkrankungen oder kardiovaskulären Risikofaktoren. 2023.
- Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Omega-3: Erhöhte Zufuhr kann Vorhofflimmern begünstigen. 2023.
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