Grapefruit ist eine beliebte Zitrusfrucht, doch Vorsicht: Sie kann die Wirkung vieler Medikamente verstärken. Im nachfolgenden Beitrag erfahren Sie, worauf Sie achten müssen.
Grapefruit, auch Paradiesapfel oder Adamsapfel genannt ist eine beliebte Zitrusfrucht, die für ihren erfrischenden, bitter-süßen Geschmack bekannt ist. Doch wussten Sie, dass der Verzehr von Grapefruit die Wirkung bestimmter Medikamente beeinflussen kann? In diesem Artikel erfahren Sie alles Wissenswerte über Grapefruit, ihre Inhaltsstoffe und wie sie den Abbau von Medikamenten in der Leber beeinflussen können.
Die Grapefruit, eine Frucht aus der Karibik
Die Grapefruit (Citrus paradisi) ist eine Zitrusfrucht, die zur Familie der Rautengewächse (Rutaceae) gehört. Sie hat eine runde bis ovale Form und eine gelbe bis rötliche Schale. Das Fruchtfleisch ist in Segmente unterteilt und kann von weiß bis rosa oder rot variieren.
Wo kommt die Grapefruit ursprünglich her?
Die Grapefruit stammt ursprünglich von der karibischen Insel Barbados. Es wird angenommen, dass sie eine natürliche Kreuzung zwischen Pampelmuse und Orange ist. Im 18. Jahrhundert wurde die Grapefruit nach Florida eingeführt, wo sie heute noch in großem Umfang angebaut wird.
Welche gesundheitlichen Vorteile hat eine Grapefruit?
Grapefruit ist reich an Vitamin C und Vitamin A. Eine einzige Frucht deckt bereits 130% des Tagesbedarfs an Vitamin C und 35% des Tagesbedarfs an Vitamin A. Vitamin C ist ein starkes Antioxidans, das freie Radikale neutralisiert und das Immunsystem stärkt. Vitamin A ist wichtig für die Augengesundheit und die Funktion der Schleimhäute.
Darüber hinaus enthält Grapefruit sekundäre Pflanzenstoffe wie Flavonoide und Limonoid-Glykoside, die entzündungshemmend und krebsvorbeugend wirken können.
Wieviel Grapefruit wird pro Jahr in Deutschland verkauft?
In Deutschland werden jährlich rund 80.000 Tonnen Grapefruit verkauft. Der Pro-Kopf-Verbrauch liegt bei etwa 1 kg pro Jahr. Damit gehört die Grapefruit zwar nicht zu den meistkonsumierten Obstsorten, erfreut sich aber dennoch großer Beliebtheit.
Welche Relevanz hat die Grapefruit für den Stoffwechsel von Medikamenten?
Neben den Vitaminen enthält Grapefruit auch die Wirkstoffe Naringin und Bergamottin, die den Abbau bestimmter Medikamente in der Leber beeinflussen können.
- Naringin ist ein Flavonoid, das hauptsächlich in der weißen Innenschale von Grapefruit zu finden ist. Es hemmt das Enzym CYP3A4 in der Leber.
- Bergamottin ist ein Furocumarin, das in der Schale und im Fruchtfleisch von Grapefruit vorkommt. Es hemmt das Enzym CYP1A2 in der Leber.
Was ist das Cytochromsystem P450 der Leber?
Das Cytochrom-P450-System ist eine Gruppe von Enzymen in der Leber, die für den Abbau von Medikamenten und anderen Fremdstoffen zuständig sind. Es besteht aus insgesamt 57 Untereinheiten, den sogenannten CYPs.
Stellen Sie sich das Cytochrom-P450-System wie eine Kläranlage vor: Die Leber ist die Kläranlage des Körpers und die CYPs sind die verschiedenen Reinigungsstufen. Jedes CYP ist auf bestimmte Substanzen spezialisiert und baut diese ab, bevor sie in den Blutkreislauf gelangen.
Welche Cytochrome werden durch Naringin und Bergamottin blockiert?
Naringin und Bergamottin hemmen die Cytochrome CYP3A4 und CYP1A2 und führen Damit zu einer Wirkungsverstärkung der eigentlich gewünschten Wirkung, was wiederum zu Nebenwirkungen führen kann.
Wirkungsverstärkung von Medikamenten durch Blockade von CYP3A4 durch Naringin
Naringin hemmt das Enzym CYP3A4 in der Leber. CYP3A4 ist für den Abbau von etwa 50% aller Medikamente zuständig, darunter:
- Statine zur Cholesterinsenkung (z.B. Simvastatin, Atorvastatin)
- Kalziumantagonisten zur Blutdrucksenkung (z.B. Amlodipin, Lercanidipin)
- Betablocker (z.B. Metoprolol, Carvedilol)
- Antidepressiva (z.B. Sertralin, Citalopram)
- Antibiotika (z.B. Clarithromycin, Erythromycin)
- Antimykotika (Pilzmittel, z.B. Itraconazol, Ketoconazol)
Wenn CYP3A4 durch Naringin gehemmt wird, können diese Medikamente nicht mehr richtig abgebaut werden. Sie reichern sich im Körper an und entfalten eine stärkere Wirkung. Das kann zu gefährlichen Nebenwirkungen führen, wie z.B. einem kritischen Abfall der Herzfrequenz bei Betablockern oder schweren Herzrhythmusstörungen bei Clarithromycin.
Besonders hervorheben möchten wir an dieser Stelle, dass die Wirkungsverstärkung der häufig verordneten Makrolid-Antibiotika Clarithromycin und Erythromycin durch Grapefruit zu den besonders gefährlichen Torsade-de-Pointes-Tachykardien führen können. Hier ist also besondere Vorsicht geboten.
Fallbericht: Wirkungsverstärkung von Metoprolol durch Grapefruitsaft
Eine 58-jährige Frau, stellte sich in der Cardiopraxis® vor. Sie berichtete über Schwindel, Müdigkeit und wiederholte Schwächeanfälle in den letzten Tagen. Die Frau nahm seit 5 Jahren Metoprolol 47,5 mg zur Behandlung ihres Bluthochdrucks ein, bisher ohne nennenswerte Nebenwirkungen.
Bei der Aufnahme zeigte sich ein bradykarder Puls von 36/min. Das EKG wies einen AV-Block III° auf. Sie wurde mit einem Rettungswagen zur weiteren Überwachung stationär eingewiesen. Im Krankenhaus wurde der Betablocker pausiert und sie wurde mit einem normalen EKG beschwerdefrei entlassen.
Einige Tage später berichtet die Frau in einem ausführlichen Anamnesegespräch, dass sie seit mehreren Wochen täglich ein Glas frisch gepressten Grapefruitsaft zu sich nimmt, da sie gelesen hatte, dass dieser den Blutdruck senken könne.
Wir klärten die Frau darüber auf, dass Grapefruitsaft den Abbau von Metoprolol in der Leber hemmt. Durch die Wirkungsverstärkung kam es zu einer ausgeprägten Bradykardie und höhergradigen Überleitungsstörungen.
Die Behandlung mit Metoprolol wurde wieder begonnen, wobei sie jetzt auf Grapefruitsaft vollkommen verzichtet. Mehrere Langzeit-EKG Kontrollen waren nachfolgend vollkommen unauffällig, auch Symptome sind nicht mehr aufgetreten.
Wirkungsverstärkung von Medikamenten durch Blockade von CYP1A2 durch Bergamottin
Bergamottin hemmt das Enzym CYP1A2 in der Leber. CYP1A2 ist für den Abbau von etwa 10% aller Medikamente zuständig, darunter:
Wenn CYP1A2 durch Bergamottin gehemmt wird, können auch diese Medikamente nicht mehr richtig abgebaut werden. Die Wirkung von Koffein und Paracetamol wird verstärkt, was zu Unruhe, Schlafstörungen oder Leberschäden führen kann.
Wie wirken Grapefruit und Kaffee zusammen?
Koffein wird über CYP1A2 abgebaut. Bei gleichzeitiger oder leicht zeitversetzter Einnahme von Kaffee und Grapefruit kann es folglich zu einer Wirkungsverstärkung von Koffein kommen.
Das kann dazu führen, dass sich eine Tasse Kaffee wie drei anfühlt……und 3 Tassen wirken, wie 9. Mögliche Folgen sind heftiges Schwitzen, Herzrasen und Schlafstörungen. Dieser Effekt bleibt über viele Stunden bestehen, sodass auch eine zeitversetzte Einnahme von Grapefruit und Kaffee problematisch sein kann.
Wundern Sie sich folglich, wenn Sie nach einem Sonntagsfrühstück mit einer ganzen Grapefruit und 3 Tassen Kaffee zittrig und unruhig werden.
Gerade in der Schwangerschaft sollte die Kombination gemieden werden, da der Koffein-Abbau im letzten Drittel ohnehin verlangsamt ist und das Kind belastet werden könnte.
Wie lange hält die Wirkung von Grapefruitsaft auf den Abbau von Medikamenten an?
Bereits 200 ml Grapefruitsaft können ausreichen, um den Abbau von Medikamenten zu stören. Die Wirkung hält lange an: Selbst, wenn der Verzehr von Grapefruit schon 3 Tage zurückliegt, können noch Nebenwirkungen auftreten. Am stärksten ist der Effekt, wenn Grapefruit 4 Stunden vor der Medikamenteneinnahme konsumiert wird.
Die Halbwertszeit von Naringin und Bergamottin, also die Zeit, bis die Hälfte der Substanz abgebaut ist, beträgt etwa 24 Stunden. Das bedeutet, dass die Wirkung von Grapefruit auf den Medikamentenabbau mindestens einen Tag lang anhält.
Welche anderen Zitrusfrüchte stellen ein Risiko für eine Wirkungsverstärkung von Medikamenten dar?
Auch Pampelmusen und die immer beliebter werdend Pomelos enthalten Naringin und/oder Bergamottin in bedeutsamer Menge. Auch bei diesen Früchten sollten Sie die gleichen Vorsichtsmaßnahmen, wie bei Grapefruit einhalten.
Andere Zitrusfrüchte wie Orangen, Zitronen und Limetten enthalten diese Stoffe nur in sehr geringen Mengen und haben daher in der Regel keine relevanten Wechselwirkungen mit Medikamenten.
Was ist der Unterschied zwischen einer Grapefruit und einer Pampelmuse?
Und nun werden sich einige von Ihnen die Frage stellen: Was ist nochmal der Unterschied zwischen einer Grapefruit und einer Pampelmuse?
Herkunft und Entstehung:
- Die Pampelmuse stammt ursprünglich aus Südostasien und gilt als Urform vieler Zitrusfrüchte.
- Die Grapefruit entstand vermutlich im 18. Jahrhundert auf Barbados durch eine Kreuzung aus Pampelmuse und Orange.
Größe und Form:
- Pampelmusen sind deutlich größer als Grapefruits und können bis zu 4-6 kg wiegen. Sie haben eine abgeflachte, oft birnenartige Form.
- Grapefruits sind kleiner (150-450g) und haben eine rundere Form.
Schale und Fruchtfleisch:
- Pampelmusen haben eine dicke, gelbe bis gelbgrüne Schale. Das Fruchtfleisch variiert je nach Sorte von rosa über rot und pink bis gelblich oder grüngelb.
- Grapefruits haben eine dünnere, orangegelbe Schale. Das Fruchtfleisch ist rosa, gelb oder rot.
Geschmack:
- Pampelmusen schmecken süßlich-säuerlich mit einer leicht bitteren Note, aber weniger intensiv als Grapefruits.
- Grapefruits haben einen bittersüßen und saureren Geschmack als Pampelmusen, wobei rosa Sorten milder sind als gelbe und rote.
Verzehr:
- Pampelmusen kann man wie Orangen schälen und in Schnitze schneiden.
- Grapefruits werden meist halbiert und dann ausgelöffelt.
Grapefruit und Medikamente – kurz und bündig
Grapefruit ist eine gesunde und leckere Frucht, die jedoch den Abbau bestimmter Medikamente in der Leber beeinflussen kann. Die Inhaltsstoffe Naringin und Bergamottin hemmen die Enzyme CYP3A4 und CYP1A2, die für den Abbau vieler gängiger Medikamente zuständig sind. Dadurch kann sich die Wirkung der Medikamente verstärken und zu gefährlichen Nebenwirkungen führen.
Wenn Sie regelmäßig Medikamente einnehmen und gerne Grapefruit essen, dann sollten Sie unbedingt mit Ihrem Arzt sprechen. Er kann Ihnen sagen, ob es Wechselwirkungen zwischen Ihren Medikamenten und Grapefruit gibt und wie Sie diese vermeiden können.
Im Internet finden Sie Listen von Medikamenten, die über CYP3A4 und CYP1A2 abgebaut werden, z.B. auf den englischen Wikipedia-Seiten „CYP3A4“ und „CYP1A2“. Im Zweifel können Sie immer den Arzt zu fragen.
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