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Dr. Frank-Chris Schoebel
Dr. Frank-Chris Schoebel arbeitet seit 25 Jahren als Kardiologe in Düsseldorf und war über 16 Jahre Mitarbeiter in der Klinik für Kardiologie, Pneumologie und Angiologie am Universitätsklinikum Düsseldorf, davon 6 Jahre als Oberarzt. Zum Profil.

Antibiotika Ciprofloxacin, Levofloxacin & Co. – Risiko für Herzklappen

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Herzklappen sind wichtig für ein leistungsfähiges Herz-Kreislaufsystem. Antibiotika vom Typ der Gyrasehemmer können bei Risikopatienten zu einer kritischen Herzklappenschädigung beitragen.

Antibiotika Ciprofloxacin, Levofloxacin & Co. - Risiko für Herzklappen

Antibiotika Ciprofloxacin, Levofloxacin & Co. – häufig verschrieben und mit Risiken für Herzklappen verbunden

Antibiotika vom Typ der Fluorchinolone, auch Gyrasehemmer genannt, werden häufig zur Behandlung bakterieller Infektionen eingesetzt. Bevorzugtes Anwendungsgebiet sind Harnwegsinfektionen sowie Entzündungen der Atemwege und der Lunge. Zu dieser Gruppe von Antibiotika zählen:

• Ciprofloxacin
• Levofloxacin
• Ofloxacin
• Norfloxacin
• Moxifloxacin

Ciprofloxacin & Co – erhöhtes Risiko für Sehnenabrisse und Aneurysmen der Hauptschlagader

Von den Fluorchinolonen ist bekannt, dass die Einnahme zu Schädigungen der Kollagenverbindungen im Bindegewebe bis hin zum Abbau von Bindegewebe führt. So treten unter dieser Antibiotikagruppe Sehnenreizungen bis hin zu Abrissen, zum Beispiel der Achillessehne auf.

Für das Herz-Kreislaufsystem konnten Studien bereits zeigen, dass die Einnahme von Fluorchinolonen gehäuft Aussackungen der Hauptschlagader, den sogenannten Aortenaneurysmen, zur Folge hat und auch häufiger mit Einrissen der Schlagader, den lebensgefährlichen Aortendissektionen, verbunden ist.

Sowohl für Schädigung von Bindegewebsstrukturen der Sehnen als auch für die Begünstigung von Aortenaneurysmen durch die Behandlung mit Fluorchinolonen hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bereits in der Vergangenheit Warnhinweise, sogenannte „Rote Hand Briefe“ an alle Ärztinnen und Ärzte versandt. Ein „Rote Hand Brief“ bedeutet, dass vor dem Einsatz eines bestimmen Medikamentes gewarnt wird, indem zumindestens zu einer erhöhten Wachsamkeit im Hinblick auf bestimmte Nebenwirkungen aufgefordert wird.

Schädigung von Herzklappen – erhöhtes Risiko durch Einsatz von Ciprofloxacin & Co

Wie andere bindegewebige Strukturen, so zum Beispiel die Sehnen der Muskeln oder auch die Aorta, bestehen auch gesunde Herzklappen aus Bindegewebe. Kollagen ist dabei ein wichtiger Bestandteil des Bindegewebes. Das Bindegewebe sorgt dafür, dass die Herzklappen in Form bleiben und sich regelrecht öffnen und auch wieder schließen.

Kommt es in den Herzklappen zum Verlust an Kollagen, dann werden die Klappen weich und verlieren ihre Form und können so undicht werden. Das bedeutet, dass Blut, welches normalerweise in eine Richtung fließt, zu einem mehr oder weniger großen Teil rückwärts fließt.

Rote Hand Brief zu erhöhtem Risiko für Insuffizienz der Aortenklappe und der Mitralklappe durch Fluorchinolone

Aufgrund der aktuellen Datenlage hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) im Oktober 2020 einen erneuten „Rote Hand Brief“ zu den Risiken von Fluorchinolonen veröffentlicht. Dieser warnt vor dem erhöhten Risiko für eine Insuffizienz, das heißt eine Undichtigkeit der Mitralklappe und der Aortenklappe durch Fluorchinolone. Dieser Rote Hand Brief nennt Risikogruppen und gibt Verhaltenshinweisen für Ärzte bei der Verschreibung sowie für Patienten im Falle von Symptomen.

Risikogruppen für Herzklappenschädigung durch Fluorchinolone:

angeborener oder vorbestehender Herzklappenfehler
• Bindegewebserkrankungen (zum Beispiel Marfan-Syndrom oder Ehlers-Danlos-Syndrom)
• Turner-Syndrom
• Morbus Behçet
• Hypertonie
• rheumatoide Arthritis
• infektiöse Endokarditis

Ciprofloxacin, Levofloxacin & Co – Risiko auch bei Prolaps von Trikuspidalklappe, Mitralklappe und Aortenklappe

Die Folge ist ein Prolaps, das heißt eine unnatürliche Vorwölbung während des Klappenschlusses, so als ob sich an einem Fahrradreifen eine Blase bildet. Wir nennen dieses Phänomen in der Fachsprache je nach betroffener Herzklappe Trikuspidal-, Pulmonal-, Mitral- oder Aortenklappenprolaps.

Ein Herzklappenprolaps führt dazu, dass die Klappe während der Schließung, der Phase, in der sie sowieso schon einem erhöhten Druck ausgesetzt ist, bei jedem Herzschlag eine noch stärkere mechanischen Belastung erfährt. Sie können sich das so vorstellen wie die Entfaltung eines Fallschirms.

Das hat zur Folge, dass besonders die linksseitigen Herzklappen, die Mitral- und Aortenklappe, undicht werden. Das liegt daran, dass sie im Vergleich zu den Klappen der rechten Herzseite einem ca. 6-fach höherem Druck ausgesetzt sind. Bei der Mitralklappe kommt hinzu, dass sie durch Sehnenfäden stabilisiert wird, die ebenfalls aus Bindegewebe bestehen und entsprechend bei Störung der Kollagenstruktur reißen und eine Undichtigkeit der Mitralklappe zur Folge haben können.

Ein Aortenklappen- beziehungsweise eine Mitralklappeninsuffizienz bedeutet, dass Blut, welches im Kreislauf eigentlich nach vorne fließen soll, zum Teil zurückfließt. Dieses hat wiederum Symptomen, wie zum Beispiel Luftnot und Einschränkungen der körperlichen Leistungsfähigkeit zur Folge.

Erhöhtes Herzklappenrisiko durch Fluorchinolone – Ciprofloxacin & Co. nur nach sorgfältiger Abwägung

Ärzte sollten Patienten mit einem erhöhten Risiko für eine Herzklappenschädigung, Fluorchinolone nur nach sorgfältiger Abwägung der Nutzen-Risiko- Relation verschreiben. Gerade bei Risikogruppen sollten anderer Therapieoptionen berücksichtigt werden.

Auch Menschen, die zu einer Risikogruppe gehören, sollten erstens darauf achten, dass Sie dem verschreibenden Arzt mitteilen, dass sie ein erhöhtes Risiko für einen Herzklappenschaden durch Fluorchinolone haben, und damit auch selber darauf achten, dass sie diese Medikamente nur nach kritischer Abwägung erhalten.

Gerade Menschen mit wiederholten Harnwegsinfekten, erhalten nicht selten eine Verschreibung für eine Großpackung an Gyrasehemmern. Der Grund hierfür ist, dass der Mensch bei den typischen Symptomen eines Harnwegsinfektes selber die Einahme des Antibiotikums entscheiden kann, so dass er nicht zum Arzt muss. Diese Vorgehensweise ist häufig mit einer unkritischen und sehr häufigen Einnahme von Gyrasehemmern verbunden.

Bei Einnahme von Fluorchinolonen auf Symptome achten

Menschen, die Fluorchinolone einnehmen, sollten auf folgende Symptome einer Undichtigkeit einer Herzklappe achten:

• akute, das heißt neu aufgetretene Atemnot
• Herzklopfen
Ödeme, das heißt Wasseransammlungen mit Schwellungen im Bauchraum beziehungsweise in den Beinen

Patienten sollte angeraten werden, im Falle von akuter Atemnot, neu auftretendem Herzklopfen oder einer Entwicklung von Ödemen im Bauchraum oder in den unteren Extremitäten unverzüglich ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Berücksichtigt werden sollte, dass Symptome auch mit einer Verzögerung nach Einnahme von Fluorchinolonen auftreten können, so dass der zeitliche Zusammenhang nicht offensichtlich sein muss. Dieser verlängerte Zeitraum zwischen der Einnahme des Antibiotikums und dem Auftreten einer relevanten gesundheitlichen Störung kennen wir bereits von dem erhöhten Risiko für das Auftreten von Aortenaneurysmen durch Fluorchinolone.

Literatur

Rote Hand Brief zu Nebenwirkungen Aortenaneurysmen und Aortendissektionen vom 26.10.2018
Rote Hand Brief zu Nebenwirkungen Muskeln, Gelenke und Nervensystem vom 2.5.2019
Rote Hand Brief zu Systemisch und inhalativ angewendete Fluorchinolone: Risiko einer Herzklappenregurgitation/- insuffizienz vom 29.10.2020

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