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Schlaganfälle – nicht nur ältere Menschen betroffen
Jährlich erleiden in Deutschland rund 200.000 Menschen einen Schlaganfall. Das Risiko für einen Schlaganfall steigt bekanntermaßen mit zunehmendem Alter an. 80% der Schlaganfälle sind durch eine Durchblutungsstörung, zum Beispiel aufgrund einer atherosklerotischen Gefäßveränderung oder infolge von Vorhofflimmern bedingt. Es können allerdings auch jüngere Menschen von einem Schlaganfall betroffen sein. Etwa 1/3 der jungen Schlaganfallpatienten sind jünger als 65 Jahre. Bei 20% dieser Schlaganfallpatienten können wir keine klassische Ursache, wie zum Beispiel Gefäßveränderungen oder Vorhofflimmern, feststellen. Wir sprechen dann von einem kryptogenen (verborgenen) Schlaganfall. Dabei tritt dieser bei Patienten, die jünger als 55 Jahre alt sind, zu 45-50% mit einem persistierenden Foramen ovale, kurz PFO, auf.
Was ist ein persistierendes Foramen ovale?
Das persistierende Foramen ovale stellt sozusagen ein Relikt aus dem embryonalen Kreislauf dar. Unter dem Foramen ovale stellen Sie sich vereinfacht eine kleine schlitzförmige Öffnung zwischen den beiden Vorkammern vor, über die das sauerstoffreiche Blut von der Plazenta in den fetalen Körperkreislauf gelangt. Da die fetale Lunge noch nicht funktionsfähig ist, gewährleistet diese Kurzschlussverbindung zwischen den Vorkammern die optimale Sauerstoffversorgung des Kindes, sie ist also lebensnotwendig. Das Foramen ovale verschließt sich meistens in den ersten Tagen nach der Geburt. Bei 25% der Gesunden schließt sich das Foramen ovale nach der Geburt jedoch nicht vollständig. Dann sprechen wir von einem „bleibenden“, oder medizinisch ausgedrückt, persistierenden Foramen ovale (PFO). Männer und Frauen sind gleich betroffen, in der Mehrzahl der Fälle besitzt das PFO keinen Krankheitswert. Oder anders gesagt, ein routinemäßiges Suchen nach einem PFO ist überhaupt nicht erforderlich.
Wie kommt es zu einem Schlaganfall bei einem PFO?
Nur dann, wenn ein ungeklärter oder kryptogener Schlaganfall, d.h. ein solcher ohne offensichtliche Ursache, vorliegt, gewinnt das PFO eine besondere Bedeutung. Wir stellen uns hierbei folgenden Mechanismus vor: Entstehen kleinere Blutgerinnsel-Bildungen in den Beinvenen, werden diese normalerweise in der Lungenstrombahn „gefiltert“. Liegt aber ein PFO vor und kommt es zu einer Drucksteigerung in der rechten Vorkammer, z.B. beim Pressen, Husten oder tiefen Einatmen, öffnet sich das PFO wie eine Schwingtür. Folglich kann das Blutgerinnsel mit dem Blutfluss über das linke Herz ins Gehirn gelangen und so einen Schlaganfall auslösen. In solchen Fällen sprechen wir auch von einer paradoxen Embolie.
Voraussetzungen und Empfehlungen für PFO-Verschluss
Der Nachweis, dass ein interventioneller Verschluss des PFO wirksam sekundäre Schlaganfälle bei jüngeren Personen verhindern kann, ist erst in den letzten vergangenen beiden Jahren gelungen. Aus den Studien ergaben sich jetzt klare Behandlungsempfehlungen bei Patienten mit einem kryptogenen Schlaganfall. Bei diesen Patienten sollte zwischen 16 und 60 Jahren ein offenes Foramen ovale mit moderatem oder ausgeprägtem Rechts-Links-Shunt verschlossen werden. Hierdurch erzielt man eine 75-prozentige Reduktion von Schlaganfällen. Wichtig ist aber, dass immer eine ausführliche Suche nach anderen Ursachen erfolgt und ein erfahrener Neurologe und Kardiologe die Indikation zum Verschluss prüfen. Denn nicht längst jeder jüngere Schlaganfallpatient mit einem PFO benötigt einen Verschluss des Foramen ovale.
Hierzu sind noch klare Kriterien bzw. Voraussetzungen für einen PFO-Verschluss definiert worden:
- Embolische Schlaganfälle ungeklärter Ursache mit Nachweis einer zerebralen Ischämie im CT oder MRT
- Ausschluss einer relevanten Gefäßveränderung der gehirnversorgenden Arterien (zum Beispiel Verengungen größer 50%) inklusive der intrakraniellen Arterien
- Ausschluss von anderen kardialen Emboliequellen (z.B. Vorhofflimmern) und Ausschluss anderer Schlaganfallmechanismen (z.B. Vaskulitis, Dissektion oder Drogenmissbrauch).
Die Diagnose und Beurteilung erfolgen mittels Schluckultraschall. Ein PFO kann mit Hilfe dieser Methode ohne besonders hohen Aufwand diagnostiziert werden. Zudem ermöglicht das Schluckultraschall auch zeitgleich den Ausschluss weiterer kardialer Emboliequellen (z.B. Blutgerinnsel im Herzen, Veränderungen der Hauptschlagader).
Wie funktioniert ein PFO-Verschluss?
Ein interventioneller PFO-Verschluss verläuft minimal invasiv. Nach Betäubung der rechten Leiste wird die Leistenvene punktiert und ein Schirmsystem entlang der großen Körpervenen zum Herzen eingeführt. Das Vorführen des Schirmsystems zum Herzen ist nicht schmerzhaft. Dann wird ein vorgeformtes Metallgeflecht in Form zweier fest miteinander verbundener Schirmchen durch das PFO in die Vorhof-Trennwand platziert, sodass diese nicht mehr durchlässig ist. Parallel zur Implantation der Schirmchen führen die Ärzte eine Ultraschalluntersuchung über die Speiseröhre durch. Diese dient dazu, das Platzieren des Schirmes zu optimieren. Während des gesamten Untersuchungs- und Behandlungsablaufs bekommen Sie Medikamente gespritzt, die Sie in einen schmerzfreien Schlaf versetzen. Optimalerweise dauert die Behandlung maximal 30-45 Minuten. Nach der Implantation wächst das Metallgeflecht ein und wird vom Körper von eigenen Zellen überdeckt.
Komplikationen beim PFO-Verschluss
Komplikationen sind zum Glück sehr selten. In diesen Ausnahmefällen treten Vorhofflimmern, Herzbeutel-Tamponaden sowie Lungenarterienembolien auf. Diese Komplikationen sind aber insgesamt so selten, dass sie den Empfehlungsgrad für die Implantation nicht beeinflussen.
Medikamentöse Behandlung nach PFO-Verschluss
Nach der Implantation des Schirmchens wird eine Blutverdünnung, in der Regel mit Aspirin und Clopidogrel, notwendig. In den ersten 3 Monaten erfolgt die Einnahme von Aspirin und Clopidogrel zusammen, danach wird 12-24 Monate lang eine Einzeltherapie mit Aspirin oder Clopidogrel fortgeführt. Sollten noch andere Indikationen für eine Arteriosklerose-Therapie bestehen, dann führen wir eine Dauertherapie mit ASS oder Clopidogrel fort. Eine Endokarditis-Prophylaxe für 1 Jahr nach dem Eingriff ist sinnvoll. Patienten mit einem kryptogenen Schlaganfall und offenem Foramen ovale, die einen PFO-Verschluss ablehnen, sollten mit einem Thrombozytenfunktionshemmer (Aspirin oder Clopidogrel) behandelt werden, da es keine Hinweise für eine Überlegenheit einer oralen Antikoagulation (z.B. NOAK) gegenüber der Thrombozytenfunktionshemmung gibt.
Fazit zum Umgang mit PFO-Verschluss nach Schlaganfall
Seit 2018 gibt es eine klare Behandlungsempfehlung für einen PFO-Verschluss nach akribischer neurologischer und kardiologischer Abklärung. Denn nicht jedes PFO muss verschlossen werden!
Literatur:
Cardiopraxis – Kardiologen in Düsseldorf & Meerbusch