Die linksventrikuläre Ejektionsfraktion (LVEF) ist ein Schlüsselwert für die Beurteilung der Herzfunktion. Eine verminderte LVEF deutet auf eine Herzschwäche hin und ist mit einem erhöhten Risiko für Komplikationen verbunden. Erfahren Sie in diesem Artikel, was die Prozentzahlen bedeuten und wie sich eine eingeschränkte Pumpfunktion auf Ihre Gesundheit und Lebenserwartung auswirken kann.
Die Ejektionsfraktion – ein Mass für die Herzkraft
Die Leistungsfähigkeit Ihres Herz-Kreislaufsystems wird von verschiedenen Faktoren bestimmt. Hierzu zählen wir wesentlich das Füllungsvolumen des Blutgefäßsystems, die Funktionsfähigkeit der Herzklappen, die Pumpkraft des Herzens, die Herzfrequenz, den Gefäßwiderstand, gegen den das Herz Blut in den Körper pumpen muss und die komplexen Mechanismen des venösen Rückstroms. Übergeordnet steuert das vegetative Nervensystem das komplexe Zusammenspiel dieser Komponenten. Die Einschränkung der Lebensqualität wird vor allen Dingen durch den Schwergrad der Luftnot bestimmt.
Die Auswurfleistung, die sog. Ejektionsfraktion der Hauptkammern des Herzens, und hier vor allen Dingen die der linken Kammer sind ein wichtiges Maß für die Leistungsfähigkeit Ihres Herzens.
Linke Herzhauptkammer – besonders hohe Arbeitsbelastung
Die linke Herzhauptkammer, der sog. linke Ventrikel ist dem arteriellen Gefäßsystem vorgeschaltet und pumpt sauerstoffreiches Blut in den Körperkreislauf. Folglich muss der linke Ventrikel gegen die Schwerkraft und gegen den Gefäßwiderstand einen ausreichenden Druck aufbauen, um den Körper zu durchbluten und den Kreislauf aufrecht zu erhalten.
Der linke Ventrikel baut dabei ca. 6-mal so viel Druck auf wie der rechte Ventrikel, der der Lungenstrombahn vorgeschaltet ist. Kurzum, die Arbeitsbelastung des linken Ventrikels ist besonders hoch. Neben der hohen Arbeitsbelastung kommt noch hinzu, dass Herzmuskelzellen selber sehr stark auf die Sauerstoffversorgung durch die Herzkranzarterien angewiesen sind. Folglich ist gerade Ihre linke Herzhauptkammer durch die hohe Arbeitsbelastung bzw. den hohen Sauerstoffbedarf und die Abhängigkeit von der Sauerstoffversorgung besonders anfällig für Störungen.
Somit ist die Bewertung der Funktion des linken Ventrikels für die Bewertung Ihrer Herz-Kreislaufgesundheit von besonders großer Bedeutung. Neben der Funktion der Herzklappen und der Füllungsleistung, der sog. diastolischen Funktion bewerten wir hier vor allen Dingen Auswurfleistung des linken Ventrikels, die sog. linksventrikuläre Ejektionsfraktion.
Die linksventrikuläre Ejektionsfraktion wird berechnet
Die Bestimmung linksventrikuläre Ejektionsfraktion (LVEF) erfolgt über die Messung des Herzvolumen zu bestimmten Phasen der Herzaktion. Hierfür gehen wir schrittweise vor.
Kammervolumina bestimmen. Hierfür ermitteln wir die Füllung der linken Herzhauptkammer in Milliliter zum Zeitpunkt der maximalen Füllung der Kammer, das sog. enddiastolischen Volumen (EDV) und dann, wenn der maximale Auswurf erfolgt ist, das sog. endsystolische Volumen (ESV). Diese dreidimensionalen Größen werden aus der zweidimensionalen Darstellung einzelner Bilder abgeleitet und über eine Formel errechnet.
Schlagvolumen berechnen. Ziehen wir vom enddiastolischen Volumen das endsystolische Volumen ab, dann erhalten wir ein Maß für die Menge an Blut, die die Herzkammer auswirft, das sog. Schlagvolumen in ml (EDV-ESV = Schlagvolumen = SV).
Auswurfleistung berechnen. Teilen wir nun das Schlagvolumen durch das enddiastolische Volumen multiplizieren mal 100, dann erhalten wir den prozentualen Anteil, den das Herz bei einer Herzaktion ausgeworfen hat, die Ejektionsfraktion in % (SV / EDV x 100 = Ejektionsfraktion = EF).
Normwert Ejektionsfraktion – häufig Anlass für Missverständnisse
Häufig hören wir von Menschen, die uns besuchen, den Satz „mein Herz pumpt nur noch 45%“. Die Betroffenen sind dann sehr besorgt, weil sie glauben, dass ihr Herz nur noch zu 45% „funktioniert“ ist. Das ist nicht der Fall.
Der Normwert für die linksventrikuläre Ejektionsfraktion beträgt in Ruhe 55-65%. Unter maximaler Belastung steigt dieser Wert bis auf 75% an. Das bedeutet, dass Ihr Herz sich nie „leer pumpt“ und die Auswurfleistung nie 100% beträgt. Das führt häufig zu Missverständnissen.
Die Richtwerte für die linksventrikuläre Ejektionsfraktion sind wie folgt festgelegt. Dabei orientieren sich die gewählten Grenzen wesentlich an der Langzeitüberlebenswahrscheinlichkeit, je niedriger die Ejektionsfraktion, desto niedriger die Lebenserwartung.
- 55% – 70% – normal
- 40 – 54% – leichtgradig eingeschränkt
- 35 -39% – mittelgradig eingeschränkt
- <35% – hochgradig eingeschränkt
In der Literatur finden Sie unterschiedliche Angaben für den Bereich zwischen 35 und 55%. So wird z.B. manchmal der Bereich zwischen 35 und 39% als höhergradig eingeschränkt bezeichnet. Unstrittig bei der Nomenklatur ist allerdings: Werte ab 55% sind normal, Werte unter 35% als hochgradig eingeschränkt zu bewerten.
Bezogen auf unser kleines Beispiel hat der der Mensch mit einer Ejektionsfraktion von 45% also nur eine leichtgradige Einschränkung der Ejektionsfraktion und damit eine vergleichsweise gute Lebenserwartung.
Methoden zur Bestimmung der Ejektionsfraktion des Herzens
Wir können die Auswurfleistung mit verschiedenen bildgebenden Verfahren zur Darstellung der linken Herzhauptkammer bestimmen. Das funktioniert z.B. im Alltag von Kardiologen sehr gut mit dem Herzultraschall oder dem Herzkatheter.
Der Goldstandard, d.h. die genaueste Methode zur Erfassung der Ejektionsfraktion ist die Magnet-Resonanz-Tomografie des Herzens, das Kardio-MRT. Sie wird vor allen Dingen dann eingesetzt, wenn es darum geht wichtige therapeutische Entscheidungen zu treffen, z.B. ob ein automatischer implantierbarer Defibrillator eingesetzt wird oder nicht.
Bei der Bestimmung der Auswurfleistung gibt es 2 potentielle Probleme, die wir berücksichtigen müssen, der Art der Messtechnik und der Variabilität in Abhängigkeit von anderen Kreislaufgrößen.
Ejektionsfraktion – Probleme der Messtechnik
Um die Ejektionsfraktion zu ermitteln wird die Herzkammer in einer zweidimensionalen Darstellung, d.h. von einem Bild zu unterschiedlichen Phasen der Herzaktion „abgezeichnet“. Dann errechnen wir wird über eine Formel das Volumen. Das Herz und damit auch die ermittelte Größe des Volumens sind aber dreidimensional. Folglich kann eine errechnete Ejektionsfraktion nur eine Annäherung an das tatsächliche Volumen sein.
Darüber hinaus hängt die Genauigkeit auch davon ab, wie genau man „abzeichnet“ und somit davon, dass man sich nicht „verzeichnet“.
Ejektionsfraktion – Probleme der Variabilität
Die Ejektionsfraktion hängt von anderen Größen des Herz-Kreislaufsystems, vor allen Dingen von dem nachgeschalteten Gefäßwiderstand ab. Ist der Gefäßwiderstand hoch, was in der Regel mit einem erhöhten Blutdruck verbunden ist, dann ist die Auswurfleistung erniedrigt. Senken wir den Blutdruck mit einem gefäßerweiternden Medikament, dann steigt die Auswurfleistung in der Regel. Das kann erhebliche Schwankungen zur Folge haben, so beträgt z.B. die Ejektionsfraktion vor Therapie 45% und nach Einsatz von Medikamenten 50%.
Darüber hinaus haben der Füllungszustand des Herz-Kreislaufsystems und die Aktivierung des vegetativen Nervensystems einen erheblichen Einfluss.
Die Ejektionsfraktion ist somit als ein Summenwert mit vielen Einflussgrößen zu verstehen. Folglich ist die Bestimmung der Ejektionsfraktion eine Momentaufnahme mit einer Variabilität über die Zeit.
Die linksventrikuläre Ejektionsfraktion – bewährter Messparameter in Studien und in der Praxis
Die linksventrikuläre Ejektionsfraktion ist ein bewährtes Mass zur Risikostratifizierung in Studien. Hier wird häufig der Erfolg einer Maßnahme, z.B. eines Medikaments bei Gruppen mit unterschiedlicher Ejektionsfraktion bewertet. Das hat dann z.B. zum Ergebnis, dass die Gabe eines bestimmten Medikaments nur bei einer Auswurfleistung von <35 % als medizinisch sinnvoll erkannt wird.
In der alltäglichen Praxis hilft uns die Bestimmung der Ejektionsfraktion bei der Erfassung des individuellen Risikos. Ist die Ejektionsfraktion sehr niedrig, dann müssen nicht nur bestimmte Medikamente eingesetzt werden, sondern wir müssen die Implantation eines Implantierbaren Cardioverter Defibrillators (ICD) zum Schutz bei erhöhtem Risiko von ventrikulären Rhythmusstörungen in Erwägung ziehen. Darüber hinaus müssen wir Menschen mit einer hochgradig eingeschränkten Ejektionsfraktion immer engmaschig medizinisch überwachen.
Ein weiterer Aspekt ist, dass wir mit der Ejektionsfraktion einen Messparameter zur Therapiesteuerung bei Herzschwäche haben. Für die Feinstellung von Medikamenten nutzen wir in der Cardiopraxis hier die unblutige Kreislaufmessung mit dem FinapresⓇ -System. So können wir häufig erkennen, dass die optimale Entlastung der linken Herzhauptkammer auch zu einer Verbesserung der Ejektionsfraktion und damit eine Prognoseverbesserung zur Folge hat.