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Kammerflimmern – häufigste Ursache für plötzlichen Herztod
Kammerflimmern ist eine tödliche Herzrhythmusstörung, die unmittelbar zum Kreislaufstillstand führt und daher bei fehlender Therapie unausweichlich mit dem Tod einhergeht. Folglich ist Kammerflimmern nur durch eine elektrische Therapie mittels Defibrillation terminierbar und behandelbar.
Schätzungen gehen davon aus, dass in Deutschland pro Jahr zwischen 65.000 und 200.000 Menschen am plötzlichen Herztod versterben. Ganz überwiegend liegt dem plötzlichen Herztod Kammerflimmern zugrunde – dies in etwa 80% der Fälle. Bei den restlichen 20% der Fälle geht man davon aus, dass der plötzliche Herztod durch eine primäre Bradykardie bzw. Asystolie, das heißt das gänzliche Fehlen von elektrischer Erregung im Herzen, stattfindet. Letztendlich führt unbehandeltes Kammerflimmern über Minuten dann auch zur Asystolie.
Kammerflimmern – elektrischer Sturm, mechanischer Stillstand
Im normalen, gesunden Zustand kommt es im elektromechanischen Organ Herz zu einer koordinierten, homogen Erregungsausbreitung mit einer zeitgleichen Erregung der Herzmuskelzellen in den Hauptkammern, welches eine geordnete Kontraktion des Herzmuskels nach sich zieht. Folglich wird das Blut in den Herzkreislauf ausgeworfen.
Die genauen elektrophysiologischen Mechanismen des Kammerflimmerns sind noch nicht eindeutig geklärt. Allerdings weiß man, dass beim Kammerflimmern regionale Erregungsabläufe gestört sind und es zur Initiierung von hochfrequenten, elektrischen Erregungen in der Herz-Hauptkammer >320 Erregungen/min kommt. Mechanisch bedeutet dies lediglich ein „Zucken“ des Herzens, es erfolgt keine geordnete Kontraktion und damit auch kein Auswurf des Blutes in den Kreislauf. Gleichbedeutend ist dies ein Kreislaufstillstand.
Kammerflimmern – am häufigsten bei Herzinfarkt
Prinzipiell kann jede strukturelle Herzerkrankung mit einer vermehrten Neigung zu Herzrhythmusstörungen – und damit auch Kammerflimmern – einhergehen. Jedoch ist die mit Abstand wichtigste Ursache für ein Kammerflimmern ein akuter Herzinfarkt, der für etwa 80% aller Ereignisse verantwortlich gemacht wird.
WICHTIG: Und weil bei einem Herzinfarkt das Kammerflimmern so häufig ist, sollten Sie bei einem ablaufenden Herzinfarkt sich auch nie mit einem PKW in die Klinik fahren lassen oder gar selber fahren. Daher bei Herzinfarkt immer die koronare Rettungskette unter 112 in Gang setzen. Die professionellen Rettungskräfte sind in wenigen Minuten vor Ort und haben den lebensrettenden Defibrillator immer dabei.
Weitere Ursachen für Kammerflimmern sind:
- Koronare Herzerkrankung und akuter Herzinfarkt
- Herzschwäche
- Herzmuskelentzündungen
- Kardiomyopathien, z.B. hypertrophe Kardiomyopathie
- Angeborene elektrische Erkrankungen, z.B. Brugada-Syndrom
- erworbene elektrische Herzerkrankungen, z.B. medikamentös induziertes Langes-QT-Syndrom
- Stromunfall
- Drogen und Vergiftung
Kammerflimmern – Was ist zu tun?
Beim Kammerflimmern muss sofort mit den Wiederbelebungsmaßnahmen begonnen werden. Hier hilft der Algorithmus prüfen – rufen – drücken.
- Prüfen: Feststellen des Kreislaufstillstandes durch fehlende Reaktion auf Ansprache und abnormale oder fehlende Atmung.
- Rufen: Absetzen des Notrufes unter 112
- Drücken: Beginn mit der Kardio-Kompression
Die einzige Möglichkeit ein Kammerflimmern zu durchbrechen, ist die Defibrillation. Daher ist es so wichtig, bei Wiederbelebungsmaßnahmen und Vorhandensein mehrerer Ersthelfer einen Defibrillator einzusetzen. Zum Beispiel finden Sie einen AED an öffentlichen Plätzen oder Gebäuden.
Die Prognose sinkt je länger es dauert bis Wiederbelebungsmaßnahmen eingeleitet werden. Bemerkenswert sinkt die Überlebenswahrscheinlichkeit ohne lebensrettende Massnahmen um etwa 10% pro verstrichener Minute.
Kammerflimmern – Langzeittherapie
Wird ein Kammerflimmern durch ein einmaliges, akutes Ereignis, z.B. durch einen Herzinfarkt oder einen Stromschlag ausgelöst, dann ist die Prognose in den allermeisten Fällen gut und spezifisch vorbeugende Maßnahmen brauchen nicht ergriffen zu werden.
Falls jedoch eine chronische Erkrankung der Auslöser ist, dann müssen dauerhafte spezifische therapeutische Mittel eingesetzt werden, um ein erneutes Kammerflimmern zu verhindern bzw. zu unterbrechen. Zu den chronischen Erkrankungen, die Kammerflimmern auslösen können, gehören zum Beispiel:
- Herzmuskelschwäche, vor allem nach Herzinfarkt
- Herzmuskelerkrankungen (Dilatative Kardiomyopathie, Hypertrophe Herzmuskelerkrankung, Non-compaction Kardiomyopathie)
- Primäre elektrische Erkrankung (z.B. Long-QT Syndrom)
Nach einem sog. überlebten Plötzlichen Herztod durch Kammerflimmern wird bei einer chronischen Herzerkrankung fast immer ein Implantierbarer Kardioverter Defibrillator (ICD) eingebaut. Zwar kann die medikamentöse Therapie die Häufigkeit von wiederholtem Kammerflimmern senken, aber nie vollständig vor Kammerflimmerepisoden schützen. Nur der ICD als spezialisiertes Schrittmachersystem kann dann das Kammerflimmern mittels Elektroschock über eine Elektrode von innen terminieren. Kurzum gilt für den Träger eines ICD: „Der Patient hat seinen Notarzt an Bord“.
Eine Zwischenstellung zwischen akuten und chronischen Herzerkrankungen als Auslöser von Kammerflimmern sind akute Erkrankungen mit anfänglich nicht sicher abschätzbarem und längerem Heilungsverlauf. Zu diesen zählt vor allen Dingen die Herzmuskelentzündung, die sog. Myokarditis mit mutmaßlich vorübergehender Herzschwäche und einem erhöhten Risiko für Kammerflimmern, z.B. gekennzeichnet durch zahlreiche ventrikuläre Extrasystolen. Daher implantieren wir in solchen Fällen nicht sofort einen ICD, sondern der Patient trägt eine sog. Defi-Weste, bis die Erkrankung im optimalen Fall abgeheilt ist und sich damit auch das Risiko für Kammerflimmern normalisiert hat.
Kammerflimmern – wie beuge ich vor
Es gibt strukturelle Krankheitszustände des Herzens, da ist das Risiko für Kammerflimmern so hoch, dass wir einen ICD empfehlen BEVOR das erste Mal Kammerflimmern aufgetreten ist. Die häufigste Konstellation ist hier eine Koronare Herzkrankheit mit einer linksventrikulären Ejektiosnfrakton von <35% nach einem Herzinfarkt. In diesen Fällen wird heutzutage der ICD primär-prophylaktisch implantiert, so dass der betroffene Mensch in der Zukunft geschützt ist.
Demgegenüber besteht das Problem, dass nur etwa 10-15% aller Menschen mit plötzlichem Herztod in die Gruppe der Hochrisikopatienten fallen, die für einen primär-prophylaktischen ICD in Frage kommen. Daher ist es für uns besonders wichtig, das Ereignis zu verhindern bzw. im Akutfall möglichst schnell zu versorgen: den Herzinfarkt. In erster Linie geschieht dies durch die Minimierung der kardiovaskulären Risikofaktoren wie unbehandelter Bluthochdruck, Zuckererkrankung, Fettstoffwechselstörung, Rauchen sowie Übergewicht und Bewegungsarmut. Jedoch im Akutfall sollten Sie unverzüglich handeln und die Rettungskette unter 112 in Gang setzen.
Hier geht es zum Fallbericht: Kammerflimmern
Literatur
- Deneke T et al. Der tragbare Kardioverter/Defibrillator (WCD) – Indikation und Einsatz. Kardiologe 2019;13:292-304
- Priori SG et al. ESC Guidelines for the management of patients with ventricular arrhythmias and the prevention of sudden cardiac death: The Task Force for the management of Patients with Ventricular Arrhythmias and the Prevention of Sudden Cardiac Death of the European Society of Cardiology (ESC). European Heart Journal 2015;36:2793-2867
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