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Herzrasen – plötzlich schneller Puls – 1-Kanal EKG mit Apple Watch 4
Vorgeschichte
Ein 62-jähriger gesunder Mann bemerkt aus der körperlichen Ruhe heraus eine plötzliche innere Unruhe. Folglich tastet er einen sehr schnellen Puls. Ein sicherer Auslöser liegt nicht vor.
Allerdings kennt er dieses Herzrasen schon aus seiner Vorgeschichte. Einerseits beginnt das Herzrasen immer plötzlich, andererseits hört es auch genauso plötzlich wieder auf (on-off, wie ein Lichtschalter). Die Episoden kommen 1-2 mal pro Jahr vor und er kann sie bisher durch vagale bzw. mechanische Manöver mit Eiswasser bzw. Kopfstand erfolgreich beenden. Eine Dokumentation mit einem 12-Kanal-EKG ist bisher noch nicht erfolgt.
Aktuelle Symptome bei laufendem Herzrasen
- innere Unruhe
- keine Benommenheit
- körperlich belastbar
Smartphone 1-Kanal EKG – Apple Watch 4
Was sehe ich:
- elektrische Herzfrequenz 170 bpm
- regelmäßige Kammeraktionen
- schmale Kammerkomplexe
- keine sichere P-Welle, möglich unmittelbar nach QRS-Komplex
Verdachtsdiagnose durch den Kardiologen
- hochgradiger Verdacht auf AV-Knoten Reentrytachykardie (AVNRT)
Anamnesekriterien aus der Vorgeschichte
- plötzliches Einsetzen und Ende der Tachykardie
- mehrmals durch mechanische und vagale Manöver beendet
EKG – Kriterien der typischen AVNRT
- schmale QRS-Komplexe
- regelmäßige QRS-Komplexe
- Keine oder unmittelbar nach QRS-Komplex erkennbare P-Welle
Akute Therapie der AVNRT
Mechanisches Manöver
- Kopfstand (Originalbild)
- führt zur Terminierung der Rhythmusstörung mit Sinusrhythmus
Technische Anmerkungen
Bei sehr hohen Herzfrequenzen ist die P-Welle häufig schwierig abgrenzbar. Allerdings kann durch eine komplette Blockade des AV-Knotens mittels Adenosin die P-Welle sichtbar gemacht werden.
Der Analysemodus der Apple-Watch erlaubt die Diagnose „mögliches Vorhofflimmern“ nur bis zu einer Herzfrequenz von 120 bpm. Dasselbe gilt übrigens auch bei einer Herzfrequenz von unter 50 bpm. Kurzum, die Apple Watch ist für die Diagnose „mögliches Vorhofflimmern“ nur in einem Herzfrequenzbereich von 50-120 bpm geeignet. Folglich kann es sich in dem oben genannten Fall streng genommen auch um pseudoreguläres schnelles Vorhofflimmern gehandelt haben. Das ist allerdings aufgrund der Ansprechbarkeit der Rhythmusstörung auf ein vagales Manöver mit prompter Terminierug des Herzrasen unwahrscheinlich. Denn Vorhofflimmern reagiert allenfalls mit einer vorübergehenden Verlangsamung der Herzfrequenz auf vagale Manöver, fast nie mit einer kompletten Terminierung.
Kurzbeschreibung AV-Knoten Reentrytachykardie (AVNRT)
Eine AVNRT ist eine grundsätzlich „gutartige“ Herzrhythmusstörung, welche typischerweise plötzlich beginnt und wieder endet. Diese Form der Tachykardie kann in jedem Lebensalter erstmals auftreten.
In der Tat können Sie eine AVNRT häufig durch vagale Manöver (z.B. Augenbulbusdruck, Druck auf eine Halsschlagader, Valsalva-Pressmanöver, Eiswasser) beenden. Allerdings sollten Sie einen Kopfstand wirklich nur dann durchführen, wenn Sie ihn wirklich beherrschen. Folglich muss der Einsatz von vagalen Manövern immer vor der ersten Durchführung mit einer Kardiologin oder einem Kardiologen besprochen werden.
Eine AVNRT kann bei langer Dauer von mehreren Stunden zu Luftnot, vermehrter Harnausscheidung („Harnflut“) und Leistungsschwäche führen. Aus diesem Grund kann bei begleitenden weiteren Herz-Kreislauferkrankungen, wie Herzschwäche und Koronare Herzkrankheit eine kritische Kreislaufschwäche mit Lungenödem auftreten.
Folgerichtig, hält die AVNRT an bzw. kann die Tachykardie nicht durch vagale oder mechanische Manöver beendet werden, dann müssen Sie ärztliche Hilfe aufsuchen. Bei guter Leistungsfähigkeit können Sie unmittelbar zu einem Kardiologen oder eine Notaufnahmestation gehen. Im Zweifel, und immer bei Symptomen, wie z.B. Luftnot und Benommenheit, sollten Sie den Rettungsdienst unter 112 verständigen.
Eine AVNRT kann typischerweise durch die intravenöse Gabe von Adenosin (AdrekarⓇ) beendet werden. Zudem ist so auch die diagnostische Abgrenzung von Vorhofflattern mit regelmäßiger Überleitung möglich.
Überdies können wir eine AVNRT durch eine Katheterablation behandeln und somit “heilen“. Zudem ist der Eingriff komplikationsarm und hocheffektiv mit Erfolgsraten > 95%. Eine medikamentöse Rezidivpropylaxe ist wenig effektiv und nicht zu empfehlen.
Cardiopraxis – Kardiologen in Düsseldorf & Meerbusch