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Dr. Natalie Fleissner
Dr. med. Natalie Fleissner studierte Humanmedizin an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Zu ihren Behandlungsschwerpunkten gehört die Bildgebende Diagnostik. Besonders große Expertise hat sie zudem bei der Kontrolle und Nachsorge von Schrittmachersystemen wie dem Implantierbaren Defibrillator (ICD) und hochkomplexen Dreikammerschrittmachern. Zum Profil.

Kardiovaskuläre Aspekte der Hormontherapie in den Wechseljahren und Menopause

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Wechseljahre und Menopause: natürliche Prozesse im Leben der Frau

Auch wir Ärztinnen und Ärzte in der Cardiopraxis sehen Frauen in den Wechseljahren und in der Menopause, die in dieser besonderen Zeit Beschwerden entwickeln. Mit dem Versiegen der Östrogenproduktion können sogenannte vasomotorische Beschwerden wie Hitzewallungen oder Schweißausbrüche auftreten. Aber auch Schlafstörungen, depressive Verstimmungen oder sexuelle Funktionsstörungen beeinträchtigen die Lebensqualität. Das Erlöschen der weiblichen Fruchtbarkeit ist ein normaler Altersprozess im Leben der Frau. Daher verstehen wir den Hormonmangel als einen natürlichen Zustand und grundsätzlich nicht als einen Mangelzustand. Aber fast jede dritte Frau empfindet die Beschwerden so stark, dass sie ihren Alltag beeinträchtigen. Hier würde eine Therapie mit Östrogenen helfen. Allerdings kann eine Hormon-Therapie bei vorhandenen kardiovaskulären Risikofaktoren und Vorerkrankungen nachteilige Effekte haben, sie kann z.B. das Risiko für ischämische Schlaganfälle oder Thrombembolien erhöhen. Folglich ist eine kardiovaskuläre Abklärung vor Aufnahme der Hormontherapie sinnvoll, um das individuelle Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und mögliche Gegenanzeigen frühestmöglich bestimmen zu können.

Hormontherapie: aus der Vergangenheit lernen-die Women’s Health Initiative

Die Hormontherapie stellt bei Beschwerden eine effektive Maßnahme dar und wird inzwischen wieder empfohlen. Das war nicht immer so. Aus der Vergangenheit, vor allem der Studienergebnisse der Women’s Health Initiative (WHI) aus den Jahren 2002 und 2004, resultierte eine große Verunsicherung auf ärztlicher Seite, aber auch auf Seite der Patientinnen. Während man bis in die 1990er Jahre die Hormontherapie ungeachtet der tatsächlichen Beschwerden, des Alters bei Therapiebeginn und der bestehenden kardiovaskulären Risikofaktoren eher großzügig verordnete, vollzog sich nach Veröffentlichung der Studienergebnisse der Women’s Health Initiative (WHI) im Jahr 2002 und 2004 ein radikaler Wandel. Diese Ergebnisse hatten ein hohes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen und auch des Mammakarzinoms unter der Hormontherapie festgestellt.

Women’s Health Initiative: Analysen und andere Studien relativieren Daten

Eine genauere Analyse und zahlreiche weitere Studien relativierten die WHI-Daten insofern, als dass die oben genannten Risikoerhöhungen nicht auf alle Frauen gleichermaßen und auch auf die heute angewendeten Präparate nicht allgemein übertragbar waren: Frauen waren älter (das mittlere Alter lag bei 63,3 Jahren), etwa 50% waren bereits vor Therapiebeginn durch Risikofaktoren (Adipositas, Nikotinabusus, arterielle Hypertonie, Hypercholesterinämie) und Vorerkrankungen (koronare Herzkrankheit) vorbelastet. Zudem wendete man ausschließlich oral applizierte Östrogene an.

Sichere Hormontherapie für die kardiovaskulär gesunde Frau

Für kardiovaskulär gesunde Frauen, die mit einer Therapie um das 50. Lebensjahr begonnen hatten, konnte in der weiteren Analyse der Women’s Health Initiative keine relevante Risikoerhöhung nachgewiesen werden. Für Frauen unter 60 Jahren zeigten sich sogar präventive Effekte bezüglich des Myokardinfarktrisikos. Die Wahrscheinlichkeit, einen Schlaganfall zu erleiden, war in diesem Zeitraum nicht relevant erhöht. Dementsprechend ist der beste und sicherste Zeitpunkt für eine Hormontherapie mit dem Eintritt in die Wechseljahre. Dagegen steigen die kardiovaskulären Risiken signifikant jenseits des 60. Lebensjahrs oder mehr als 10 Jahre nach Eintritt der Menopause.

Individualisierte Hormonersatztherapie: mit der geringsten Dosis und nur so lange wie nötig

In der modernen Hormontherapie erfolgt ein individualisierter Einsatz von vorzugsweise niedrig dosierten Östrogenen. Diese kombiniert man mit Gestagenen bei vorhandener Gebärmutter, um eine unkontrollierte Proliferation der Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) zu vermeiden. Andernfalls steigt das Risiko für das Endometriumkarzinom. Nach Gebärmutter-Entfernung kann man auch allein Östrogen ersetzen.
Die Applikation über die Haut (transdermal) wird heutzutage bevorzugt, damit keine Metabolisierung in der Leber mit potenzieller Aktivierung des Gerinnungssystems stattfindet. Dennoch kann die orale Therapie (als Tablette), z.B. bei Androgenisierungserscheinungen oder zur besseren Blutungskontrolle bei kardiovaskulär gesunden und unbelasteten Patientinnen, in einigen Fällen sinnvoll sein. Anders als bei der sonst üblichen Hormon-Substitution, z.B. bei einer Schilddrüsen-Unterfunktion, definieren wir hier keine Zielwerte, weil niedrige Östrogen- und Progesteronwerte in dieser Lebensphase physiologisch sind und keinen Mangel ausdrücken. Ziel ist es, Hormonmangel-bedingte Beschwerden mit der geringsten Hormondosis und nur so lange wie nötig zu behandeln.

Vor Therapiebeginn Kontrolle vaskulärer Risikofaktoren sinnvoll

Bekanntermaßen steigt das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen und entsprechende Risikofaktoren mit dem Alter an. Auch bei Frauen in den Wechseljahren und Menopause variiert das kardiovaskuläre Risiko sehr stark, so dass wir eine individuelle Kontrolle und Behandlung möglicher vaskulärer Risikofaktoren empfehlen, damit sie keine Kontraindikation für eine Hormonersatztherapie darstellen.

Kardiovaskuläre Erkrankungen und Hormonersatztherapie

Hinsichtlich Herzkreislauf-Erkrankungen kann eine Hormonersatztherapie positive, aber auch negative Effekte haben. Auf Risikofaktoren wie Hypercholesterinämie, Diabetes und Bluthochdruck kann eine Hormonersatztherapie einen positiven Einfluss haben: Das Risiko für einen Diabetes wird deutlich vermindert, das LDL-Cholesterin (das „schlechte“ Cholesterin) wird gesenkt und ein erhöhter Blutdruck oftmals reduziert. Dennoch reicht eine Hormonersatztherapie in der Regel nicht aus, um die Risikofaktoren komplett zu beheben, zumal auch von einem präventiven Ansatz klar abgeraten wird. Das Risiko für die koronare Herzerkrankung (KHK) und Herzinfarkte wird häufig kontrovers diskutiert. Den Studienergebnissen zufolge hat eine kombinierte Therapie mit Östrogen und Gestagen aber keinen oder nur einen geringen Einfluss auf das Herzinfarktrisiko, wenn die Therapie in den ersten 10 Jahren nach der Menopause begonnen wird, also in der Regel zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr.

Hormonersatztherapie als Prävention von koronarer Herzkrankheit ungeignet

Eine alleinige Östrogentherapie, wie sie für Frauen nach Entfernung der Gebärmutter in Frage kommt, vermindert wahrscheinlich sogar das Herzinfarktrisiko. Auf jeden Fall erhöht es nicht das KHK-Risiko. Das ist vermutlich dem günstigen Einfluss der Östrogene auf die Risikofaktoren zu verdanken. Nichtsdestotrotz ist eine Hormonersatztherapie wegen des thrombembolischen Risikos für die alleinige Prävention einer koronaren Herzerkrankung ungeeignet. Bei Patientinnen unter 60 Jahren (bzw. innerhalb von zehn Jahren nach der Menopause) mit gesunden oder gering atherosklerotisch veränderten Koronararterien ist die Hormontherapie unbedenklich. Anders verhält es sich bei Patientinnen mit fortgeschrittener Atherosklerose. Hier rücken pro-inflammatorische (entzündliche) und Plaque-destabilisierende Effekte in den Vordergrund, sodass sich hier eine Hormonsubstitution negativ auswirken kann. Nach aktuellen Leitlinien ist eine manifeste koronare Erkrankung daher eine Kontraindikation für eine Therapie.

Thrombembolische Erkrankungen und Hormonersatztherapie

Thrombosen werden vor allem durch eine erhöhte Aktivität der Gerinnung ausgelöst, z.B. durch starkes Übergewicht oder eine genetische, d.h. ererbte Neigung zu Thrombosen. Hinweise darauf geben entweder frühere eigene venöse Thrombosen bzw. Lungenembolien oder enge Blutsverwandte, die in jungen Jahren eine thrombembolische Erkrankung erlitten haben. Östrogene haben thrombogene Effekte, diese variieren in Abhängigkeit von der Dosis und dem Applikationsweg. Hingegen scheint die thrombogene Wirkung der Gestagene von untergeordneter Bedeutung zu sein. In den ersten 2 Jahren einer oralen Hormonersatztherapie ist das Thromboserisiko bemerkenswerter Weise auf das 3- bis 4-fache erhöht. Die transdermale Applikation scheint nicht mit einem erhöhten Thromboserisiko einherzugehen, vermutlich durch die fehlende Leberpassage der Östrogene und die damit vermiedene Aktivierung von Gerinnungsfaktoren. Auf jeden Fall sollte vor einer Hormonersatztherapie Hinweisen auf ein erhöhtes Thromboembolie-Risiko nachgegangen werden. In Verdachtsfällen sollte man eine spezielle Gerinnungsdiagnostik (Thrombophilie-Diagnostik) durchführen. Folglich ist eine thrombembolische Erkrankung in der Eigenanamnese eine Kontraindikation für die Hormonersatztherapie.

Zerebrovaskuläre Erkrankungen und Hormonersatztherapie

Schlaganfälle stellen nach Thrombosen das zweithäufigste ernst zu nehmende Risiko einer oralen Hormonersatztherapie dar. Das Risiko ist in den ersten 10 Jahren nach der Menopause sehr niedrig. Dennoch sollten die Risikofaktoren Bluthochdruck und Diabetes vor einer Therapie gut eingestellt werden. Raucherinnen haben grundsätzlich ein höheres Risiko. Das Risiko normalisiert sich nach Absetzen der Hormonersatztherapie vollkommen. Wie bei Thrombosen kann möglicherweise auch das Schlaganfallrisiko durch Anwendung einer transdermalen Therapie (Pflaster, Gel) nach heutigem Kenntnisstand vermieden werden. Allerdings liegen zur transdermalen Hormonersatztherapie keine Daten von randomisierten Interventionsstudien zum Schlaganfallrisiko vor. Bei einer bekannten zerebrovaskulären Erkrankung, wie z. B. Schlaganfall oder transitorisch ischämischer Attacke, darf eine Hormonersatztherapie nicht erfolgen.

Fazit:

Aus kardiologischer Sicht schließen vaskuläre Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes, hohes Cholesterin und Rauchen die Anwendung einer Hormonersatztherapie nicht aus. Sie sollten allerdings optimal eingestellt sein. Zudem sollte das Rauchen aufgegeben werden und bei Verdacht auf eine Neigung zu Thrombosen dieses Risiko näher abgeklärt werden. Das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Thrombose, Schlaganfall und Herzinfarkt ist am niedrigsten einzustufen, wenn die Hormonersatztherapie innerhalb der ersten 10 Jahre der Menopause begonnen und eine niedrige Östrogendosis als Pflaster, Gel oder Spray verwendet wird. Vor Therapiebeginn müssen mögliche kardiovaskuläre und thrombembolische Erkrankungen sowie das Mammakarzinom ausgeschlossen werden. Unter einer laufenden Hormon-Therapie sind jährliche gynäkologische Kontrollen sinnvoll, um auch neu aufgetretene Kontraindikationen rechtzeitig erkennen zu können.

Literatur:

Leitlininenkommission (2020) Peri- and Postmenopause – Diagnosis and Interventions. Guideline of the DGGG, SGGG and OEGGG (S3-Level)

Boardman HM, Hartley L, Eisinga A et al (2015) Hormone therapy for preventing cardiovascular disease in post-menopausal women. Cochrane Database Syst Rev.

Stuenkel et al. Treatment of Symptoms of the Menopause: An Endocrine Society Clinical Practice Guideline. J Clin Endocrinol Metab (2015) 100 (11): 3975-4011

 

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