Dr. Frank-Chris Schoebel
Dr. Frank-Chris Schoebel
Dr. Frank-Chris Schoebel arbeitet seit 25 Jahren als Kardiologe in Düsseldorf und war über 16 Jahre Mitarbeiter in der Klinik für Kardiologie, Pneumologie und Angiologie am Universitätsklinikum Düsseldorf, davon 6 Jahre als Oberarzt. Zum Profil.

Innere Uhr – Melatonin als Vermittler

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Der Mensch – ein tagaktives Lebewesen

Die Biologie des Menschen ist darauf ausgerichtet, dass er tagaktiv ist – dann, wenn es hell ist. Wesentliche Gründe sind evolutionsbiologisch entwickelte Merkmale des Menschen. Dazu zählen das hochentwickelte räumliche Sehvermögen, bedingt durch die Überschneidung der Blickfelder beider Augen und der aufrechte Gang, der bei gegebener Größe eine maximale Weitsicht ermöglicht. Für tagaktive Lebewesen wie den Menschen ist es daher sinnvoll, dass sie am Tag wach sind und in der Nacht schlafen.

Chronobiologie – der Mensch voller Uhren

Damit diese Vorgänge gut funktionieren, gibt es zum einen eine Innere Uhr, die genetisch festgelegt ist. Zum anderen existiert eine äußere oder solare Uhr, die durch den tagezeitlichen Wechsel von Hell und Dunkel bestimmt wird. Diese sogenannten chronobiologischen Prozesse (chronos: gr. Zeit) haben für uns in der Cardiopraxis eine zunehmende Bedeutung, weil sie für die Gesundheit im Allgemeinen und vor allen Dingen für das Schlafverhalten sehr wichtig sind. Der gesunde Schlaf wiederum schützt vor Herzinfarkt und Bluthochdruck.

Innere Uhr – die genetische Uhr

Die innere Uhr von Lebewesen besteht eigentlich aus vielen genetisch festgelegten Unteruhren. So hat jede einzelne Körperzelle und damit verbunden jedes biologische Untersystem, z.B. Leber, Lunge, Immunsystem etc. seine eigene Innere Uhr, die jeweils einem zirkardianen Rhythmus (circardian: lat. ungefährer Tag) folgt. Das heißt, dass es über ca. 24 Stunden zu einem regelhaften Ablauf, wie z.B. bei der Körpertemperatur kommt. In der zeitlichen Abfolge kommt es dann zu einem zyklischen Verlauf (zyklisch: gr. kreisförmig): Ist ein Zyklus beendet, beginnt ein neuer Zyklus.

Diese ungefähren 24-Stunden-Zyklen haben sich evolutionsbiologisch orientiert an der Helligkeit des Tages und der Dunkelheit der Nacht. Das hat sich über mehrere Milliarden Jahre entwickelt und ist genetisch festgelegt.

Die inneren Uhren sorgen dafür, dass alle physiologischen und biochemischen Prozesse im Körper fein aufeinander abgestimmt sind. Vereinfacht gesagt macht es z.B. wenig Sinn, wenn der Darm “wach“ ist und für Nahrungsaufnahme sorgt, während die Leber “schläft“. Besonders wichtig ist, dass die Organe Vorgänge bzw. regelhaft auftretende Veränderungen antizipieren (anticipare: lat. vorwegnehmen). So fällt die Körpertemperatur zwar über Nacht im Vergleich zum Tage deutlich ab, sie steigt im Sinne eines “Vorglühens“ aber schon vor dem Erwachen wieder an.

Innere Uhr – kein perfektes System

Das System ist nicht perfekt, alle Unteruhren laufen etwas unterschiedlich. So dauert z.B. bei der einen Uhr ein Zyklus 24,5 Stunden, während bei einer anderen Unteruhr der Zyklus schon nach 23,8 Stunden beendet ist. Unkontrolliert liefen alle Unteruhren phasenverschoben und wären zeitlich nicht aufeinander abgestimmt. Die Folge wäre ein Durcheinander, ähnlich wie bei einem Symphonieorchester ohne einen Dirigenten: Jeder Musiker spielt sein Instrument dann so, wie er will – ein unschönes Gelärme.

Übertragen auf die biologischen Prozesse bedeutet eine fehlende Abstimmung, dass diese irgendwann nicht mehr richtig ineinandergreifen. Das Lebewesen wird dann krank und stirbt. Damit das nicht passiert, brauchen die Unteruhren einen Dirigenten, der sie alle in einem Takt hält – eine sogenannte Master-Clock.

Die Master-Clock ist eine kleine Region im Gehirn mit einem Querdurchmesser von ca. 1 mm. Sie liegt unmittelbar oberhalb der Kreuzung der Sehnerven beider Augen. Man bezeichnet sie als Nucleus suprachiasmaticus. Der Nucleus suprachiasmaticus synchronisiert als Dirigent fast alle Unteruhren auf einen gleichmäßigen zirkardianen Rhythmus.

Aber auch dieser ist nur ungefähr und beträgt nicht genau 24 Stunden. Er liegt zwischen 23,5 und 26,5 Stunden, im Durchschnitt bei 24 Stunden und 15 Minuten. Bei 75% der Menschen ist er länger als 24 Stunden. Dieser Rhythmus verändert sich mit dem Lebensalter, bei jüngeren Menschen ist er länger, bei älteren kürzer.

Innere Uhr – was passiert eigentlich in einer dunklen Höhle?

Würden wir 60 Tage in einer Höhle vollkommen abgeschnitten vom Tageslicht leben und unser individueller zirkardianer Zyklus würde 24,5 Stunden betragen, dann käme es pro Tag in Relation zum Wechsel von Tag und Nacht in der Natur zu einer zeitlichen Phasenverschiebung: Nach 24 Tagen würden wir uns um 12:00 Uhr mittags in unserer Höhle so verhalten als wenn es 24:00 Uhr in der Nacht wäre. Das würde unser Leben als tagaktives Lebewesen an sich und vor allen Dingen auch in der sozialen Gemeinschaft mit anderen Menschen erheblich erschweren. Deshalb muss auch die Master-Clock synchronisiert werden – mit dem Hell-Dunkel-Zyklus des terrestrischen Tages.

Äußere Uhr – die Solare Uhr

Bedingt durch die Rotation der Erde um die Sonne richtet sich der Erdtag nach der Sonne und beträgt 24 Stunden. Menschen nehmen Hell und Dunkel fast ausschließlich über die Augen wahr. Die Lichtsignale werden darüber an den Nucleus suprachiasmaticus (die Master Clock) weitergleitet. Dieser ist wiederum über komplexe Verschaltungsprozesse mit der Zirbeldrüse verbunden. Hier wird in Abhängigkeit von der Lichteinstrahlung der wesentliche Vermittler von Hell und Dunkel, der Botenstoff Melatonin, ausgeschüttet.

Äußeren Uhr – Melatonin als wichtigster Vermittler von Licht und Dunkelheit

Melatonin ist ein universelles Dunkelsignal bei Säugetieren. Die Ausschüttung steigt mit zunehmender Dunkelheit an und leitet bei Menschen über verschiedene Prozesse den Schlaf ein. Bei Licht wiederum stoppt die Melatoninausschüttung. Bei nachtaktiven Tieren ist dieser Prozess aufgrund einer anderen Übersetzung umgekehrt.

Äußere Uhr – Fasten und Essen takten auch

Licht ist als photoperiodisches Signal somit der wichtigste Zeitgeber für das sog. Entrainment. Damit ist gemeint, dass die genetische Uhr des Menschen mitgeführt wird. Es gibt allerdings noch einen weiteren, wahrscheinlich sehr relevanten Mechanismus des Entrainments: der Hunger bzw. regelmäßige Mahlzeiten. So konnte man bei Mäusen, denen der Nucleus suprachiasmaticus operativ entfernt worden war, zeigen, dass ihre inneren Unteruhren zunehmend phasenverschoben laufen – was zu gesundheitlichen Störungen führte. Das galt allerdings nur für die Tiere, denen man kontinuierlich Futter zur Verfügung stellte. Hingegen kam es bei Tieren, die mindestens 16 Stunden hungern und dann nur in einem kurzen Zeitfenster Nahrung erhielten, zu einer vollkommenen Resynchronisierung der Unteruhren. Dieser Befund spielt höchstwahrscheinlich auch eine Rolle bei der Frage, wie Jetlag oder Schichtarbeit beherrscht werden kann. Möglicherweise ist das auch ein Argument für die sogenannte 16/8-Diät, bei der in einem Zeitraum von 16 Stunden nicht gegessen wird.

Äußere Uhr – regelmäßige Rituale helfen auch

Andere nachgeordnete externe Zeitgeber sind regelmäßige Rituale: Zum Beispiel eine kalte Dusche am Morgen bzw. ein warmes Bad am Abend, Meditation am Morgen, körperliche oder soziale Aktivität zu einer bestimmten Tageszeit.

Störungen der Chronobiologie – kurzer Überblick

Störungen des zirkadianen Rhythmus können sowohl Folge als auch Ursache von Erkrankungen sein.
Die wichtigste ursächliche Störquelle ist künstliches Licht, und hier vor allen Dingen Computerlicht mit einem hohen Blauanteil. So hat sich die Schlafzeit seit der Einführung der Glühbirne um ca. 2 Stunden verkürzt. Weitere zivilisatorische Ursachen für chronobiologische Fehlsteuerungen sind z.B. der Zeitzonenwechsel bei Fernreisen mit dem bekannten Jetlag und die Schichtarbeit. Solche Faktoren können das Auftreten von Herz-Kreislauferkrankungen negativ beeinflussen. Zum Beispiel Bluthochdruck und Herzinfarkt, Stoffwechselstörungen wie den Diabetes mellitus und auch das Immunsystem, so dass z.B. eine vermehrte Infektanfälligkeit entsteht.

Eine natürliche chronobiologische Anpassungsstörung tritt mit dem Wechsel der Jahreszeiten auf. Es kann zum Beispiel zu saisonalen depressiven Verstimmungen, dem Winterblues, kommen. Bei verschiedenen neuro-psychiatrischen Erkrankungen wie Morbus Parkinson, Alzheimer Demenz oder manisch-depressiven Erkrankungen weiß man noch nicht genau, ob eine chronobiologische Störung die Erkrankung mit begünstigt oder ob die Erkrankung Folge einer veränderten Chronobiologie ist.

Chronotherapie – ein Gebiet mit Zukunft

Die Chronobiologie ist ein noch sehr junges wissenschaftliches Gebiet. In Zukunft sind hier weitere wichtige Erkenntnisse zur Gesunderhaltung bzw. zur Therapie bei Erkrankungen, angefangen bei den weit verbreiteten Schlafstörungen, zu erwarten. Das medizinische Gebiet, welches sich mit der Behandlung von chronobiologischen Prozessen beschäftigt, ist die Chronomedizin bzw. die Chronotherapie. Sie zielt wesentlich auf die Synchronisierung von biologischen Prozessen mit Helligkeit und Dunkelheit ab.

Wir in der Cardiopraxis berücksichtigen auch zunehmend Erkenntnisse der Chronopharmakologie. Diese beschäftigt sich speziell mit der Einnahme von Medikamenten in Abhängigkeit vom zirkardianen Rhythmus des Menschen.

 

Literatur

 

 

 

 

 

 

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