Ohnmacht

Eine plötzlich einsetzende Ohnmacht ist ein einschneidendes Erlebnis. Die Mediziner sprechen von einer Synkope. Etwa 40% aller Menschen erleben in ihrem Leben eine solche Synkope. Typischerweise gibt es zwei Altersgipfel. Es betrifft junge Menschen zwischen dem zehnten und zwanzigsten Lebensjahr und dann wieder gehäuft Menschen älter als 60 Jahre.

 

Plötzliche Ohnmacht

Eine plötzliche und kurzfristige Ohnmacht, Synkope genannt, entsteht durch einen kurzfristigen Blutdruckabfall. Dieser Blutdruckabfall führt zu einer kurzfristigen Minderdurchblutung unseres Gehirns. Da unser Gehirn sehr sensibel auf eine Minderdurchblutung und Sauerstoffmangel reagiert, kommt es rasch bereits nach einigen Sekunden zu einem Bewusstseinsverlust.

Eine Synkope hat ganz typische Merkmale:

  • die Ohnmacht setzt plötzlich ein
  • die Bewusstlosigkeit ist in der Regel kurz, die Dauer liegt meistens unter einer Minute
  • es kommt zu einer spontanen, kompletten Erholung des Betroffenen

 

Andere Ursachen einer Ohnmacht

Die sogenannte Synkope grenzen wir ab zu anderen Formen einer Ohnmacht. Hier denken wir vor allen Dingen an Unterzuckerungen oder Mineralstoffmangel/-ungleichgewicht, wie ein schwerer Salzmangel. Auch Vergiftungen oder Krampfanfälle. Eine Synkope als Ursache einer Ohnmacht erkennen wir daran, dass der Betroffene sich sehr schnell und komplett erholt ohne medizinische Hilfe. Im Gegensatz dazu ist bei einer Unterzuckerung zum Beispiel die Gabe von Zucker notwendig. Bei Krampfanfällen, den sogenannten epileptischen Anfällen, ist der Patient in der Regel auch nicht wieder sofort komplett erholt. Er verbleibt für eine längere Zeit in einem gewissen Dämmerzustand.

 

Vorzeichen einer plötzlichen Ohnmacht

Eine Synkope kann ohne ein vorheriges Ankündigen auftreten. Der Betroffene wird plötzlich, wie vom Blitz getroffen, ohnmächtig. Einige Ohnmachtsanfälle kündigen sich aber in den Sekunden vorher an. Dazu gehören ein aufsteigendes Wärmegefühl, ein Druck im Oberbauch, Schweißneigung oder auch ein Tunnelblick. Mit Tunnelblick meinen wir eine Einschränkung unseres Wahrnehmungsfeldes.

Solche Ankündigungen sind hilfreich. Die Betroffenen können, wenn sie sich zum Beispiel auf den Boden legen oder schnell hinsetzen, eine Sturzfolge durch die Ohnmacht vermeiden.

 

Ursachen einer plötzlichen Ohnmacht

Eine plötzliche Ohnmacht entsteht durch einen kurzfristigen Blutdruckabfall mit Minderdurchblutung des Gehirns. Es kann auf unterschiedliche Art und Weise zu einem Abfall des Blutdruckes kommen. Zum einen pumpt das Herz zu wenig Blut in den Kreislauf. Ursächlich können Herzrhythmusstörungen sein. Zum anderen kann die Kreislaufregulation gestört sein und so durch eine übermäßige Weitstellung der Gefäße einen Blutdruckabfall verursachen.

 

Ursächlich wird eine plötzliche Ohnmacht in drei Gruppen eingeteilt:

  1. Reflexsynkopen: plötzliche Ohnmacht durch starken Hustenreiz, langes Stehen oder Schmerzreiz, Carotis-Sinus-Syndrom
  2. Orthostatische Synkopen: Blutdruckabfall unmittelbar nach dem Aufstehen
  3. Kardiale Synkopen: Herzrhythmusstörungen oder strukturelle Störungen zum Beispiel schwere Herzklappenfehler oder Lungenembolie

 

Ohnmacht in jungen Lebensjahren oder in höheren Lebensjahren

Eine plötzliche Ohnmacht betrifft junge Menschen und vor allem auch ältere Menschen älter als 60 Jahre. Die Ursachen der plötzlichen Ohnmacht sind in der Regel sehr unterschiedlich. Bei jüngeren Menschen sind es häufiger gutartige Ohnmachtsanfälle, das heißt es handelt sich um vorübergehend gestörte Kreislaufreaktionen. Ein Beispiel ist nach längerem  Stehen zum Beispiel bei Konzerten. Diese Ohnmachtsanfälle zeigen keine perspektivische Gefährdung an.

Bei älteren Menschen sind Herz-bedingte Ohnmachtsanfälle durch Herzrhythmusstörungen oder Strukturstörungen, wie schwere Herzklappenfehler, häufiger. Zudem finden sich häufiger Kreislaufstörungen unmittelbar beim Aufstehen mit Schwindel und Ohnmachtsproblemen.

 

Ohnmacht durch gestörte Kreislaufreflexe/-reaktionen

Unser Herz-Kreislaufsystem steht vor großen Herausforderungen. Ziel ist in allen Lebenssituationen, ob im Liegen oder Stehen, dass die zentralen Organe Herz und Gehirn mit ausreichend Blut versorgt werden. Hierzu ist ein ausreichender Blutdruck notwendig, um das Blut in jeder Position dorthin zu pumpen. Wesentlich beteiligt zur Aufrechterhaltung und zum Funktionieren dieser Kreislaufreflexe ist unser vegetatives Nervensystem. Das vegetative Nervensystem reguliert die Funktion der inneren Organe einschliesslich der Blutgefäßes. Dieses funktioniert autonom, das bedeutet ohne unsere bewusste Steuerung. Besteht entweder ein Ungleichgewicht oder eine vorübergehend übermäßige Sensibilität der Reflexzentren kann es zu situativen Reflexsynkopen kommen.

 

Beispiele für Reflexsynkopen:

  • beim Wasserlassen oder Stuhlgang
  • nach langem Stehen
  • bei starken, emotionalen Reizen
  • bei heftigem Schmerz
  • bei starkem Hustenreiz

Ohnmacht durch abruptes Aufstehen

Ohnmachtsanfälle unmittelbar nach dem Aufstehen werden als orthostatische Synkopen bezeichnet. Beim Aufstehen versacken etwa 500 ml – 1000 Liter Blut in die Beine. Das Blut muss entgegen der Schwerkraft von den Zehenspitzen bis in den Herz-Lungen-Raum transportiert werden. Wenn dieser Mechanismus nicht mehr funktioniert, kann es zu Bewusstseinsstörungen kommen. Begünstigend für diese Form der Ohnmachtsanfälle sind Vorerkrankungen, wie die Zuckererkrankung oder neurodegenerative Erkrankungen, wie zum Beispiel die Morbus Parkinson-Erkrankung. Bei beiden Erkrankungen kann das autonome Nervensystem erkrankt sein. Dies bedeutet, dass die kurzfristigen Kreislaufanpassungen durch die Nervenschädigungen nicht ausreichend funktionieren. Begünstigend darüber hinaus für diese Form der Ohnmacht sind ein Flüssigkeitsmangel oder auch blutdrucksenkende Medikamente. Auch Medikamente, die in erster Linie nicht für das Herz-Kreislauf-System eingesetzt werden, können Auslöser sein (z.B. Medikamente für die Prostata).

 

Plötzliche Ohnmacht durch Herzerkrankungen

Herzerkrankungen können eine Ohnmacht auslösen. Wir unterscheiden 2 Formen: Herzrhythmusstörungen oder Strukturstörungen des Herzens.

Herzrhythmusstörungen führen zu einer kritischen Absenkung des Blutdruckes, wenn das Herz viel zu langsam oder viel zu schnell schlägt. Das Gehirn wird dann nicht ausreichend durchblutet, der Mensch wird bewusstlos.

Bei der zweiten Gruppe der herzbedingten Ohnmachtsanfälle kommt es zum Beispiel durch schwere Herzklappenfehler oder auch Lungenembolien zu einer vorübergehenden kritischen Absenkung der Blutversorgung des Gehirns.

 

Plötzliche Ohnmacht durch empfindlichen Hals

Eine spezielle Form der plötzlichen Ohnmacht ist das sogenannte Carotis-Sinus-Syndrom. Bei diesem Phänomen wird durch Druck von außen auf die Halsschlagader (Arteria carotis) ein überschießender Kreislaufreflex ausgelöst. In der Halsschlagader befinden sich spezialisierte Zellen für die Blutdruckregulation. Werden diese aktiviert, kommt es zum Abfall primär der Herzfrequenz oder des Blutdrucks. Betroffen sind hiervon typischerweise Männer älter als 60 Jahre. Auslösesituationen sind zum Beispiel das Tragen enger Krawatten, Rasieren oder abrupte Kopfwendungen. Die Diagnose eines solchen Carotis-Sinus-Syndroms gelingt unter laufender EKG- und Blutdruckmessung bei manuellem Druck auf die Halsschlagader.

 

Plötzliche Ohnmacht – Was ist zu tun?

Ein plötzlicher Ohnmachtsanfall sollte immer ärztlich abgeklärt werden.

Menschen mit einer vorbekannten Herzerkrankung, zum Beispiel nach einem Herzinfarkt oder einer bekannten Herzschwäche, sollten sich unverzüglich nach einer Ohnmacht in ärztliche Behandlung begeben. Die Ohnmacht kann ein Vorbote sein für den sogenannten plötzlichen Herztod und es bedarf daher einer unverzüglichen Diagnostik und einer ärztlichen Einschätzung.

 

 

Plötzliche Ohnmacht – Was kann ich als Außenstehender tun?

Gerade bei jungen Menschen mit kurzfristiger Ohnmacht liegen häufig gestörte Kreislaufreflexe vor. Das Hochlagern der Beine fördert den Blutrückfluss zum Herzen und bringt den Kreislauf wieder in Schwung. Achten Sie auf mögliche Verletzungen, die beim Hinfallen entstanden sein könnten. Sollte der Betroffene das Bewusstsein nicht rasch wieder erlangen, leisten Sie erste Hilfe. Bei fehlendem Bewusstsein und abnormaler Atmung leiten Sie Wiederbelebungsmaßnahmen ein, bis das Bewusstsein zurückkehrt oder notärztliche Hilfe eintrifft.

 

Plötzliche Ohnmacht – Welche Informationen sind wichtig?

Ein erstmaliger Ohnmachtsanfall sollte immer ärztlich abgeklärt werden. In der ersten Einschätzung geht es darum, ob es sich um eine tatsächliche Synkope gehandelt hat oder etwa andere Ursachen eines vorübergehenden Bewusstseinsverlustes. In der Abschätzung der Gefährdung des Betroffenen ist die Einteilung in gutartige kreislaufreflexbedingte Synkopen oder herzbedingte Synkopen sehr wichtig. Hierzu sind die Angaben des Betroffenen für den Arzt unheimlich wertvoll.

 

Dazu zählen zum Beispiel die Antworten auf folgende Fragen:

  • In welchen Situationen trat die Ohnmacht auf: Beim Aufstehen, nach langem Stehen, nach dem Toilettengang?
  • Gibt es vorbekannte Herzerkrankungen?
  • Wurden Herzrhythmusstörungen (z.B. Herzstolpern) bemerkt?
  • Welche Medikamente werden eingenommen?
  • Gab es Warnsymptome: aufsteigendes Wärmegefühl, Tunnelblick…?

 

Plötzliche Ohnmacht – Diagnostische Abklärung

Um der Ursache auf die Spur zu kommen, sind die Informationen des Betroffenen zu den Umständen der Ohnmacht enorm wichtig. Zur weiteren diagnostischen Abklärung sind unterschiedliche Herz-Kreislauf-Untersuchungen notwendig.

 

Zur Basisdiagnostik einer Ohnmachtsabklärung gehören:

  • Krankengeschichte
  • Körperliche Untersuchung
  • Ruhe-EKG
  • Kreislauftest im Liegen und Stehen

 

In Abhängigkeit der Ergebnisse und der Vorerkrankungen sind weiterführende Untersuchungen notwendig. Hierzu zählen Ultraschall des Herzens, LZ-EKG oder Herzkatheteruntersuchungen oder spezielle elektrische Untersuchungen des Herzens.

 

Therapie der plötzlichen Ohnmacht

Die Therapie richtet sich natürlich nach der Ursache der plötzlichen Ohnmacht.

Bei gestörten Kreislaufreflexen wird empfohlen auslösende Momente, wie zum Beispiel langes Stehen, zu vermeiden. Zudem kann bei Warnsymptomen, wie aufsteigendes Wärmegefühl, Tunnelblick, Schweißigkeit, der sogenannte Jendrassiksche Handgriff angewendet werden. Dabei verhakt man beide Hände, mit den Handinnenflächen zueinander gewandt, ineinander und versucht sie auseinander zu ziehen. Die Beine sind dabei überkreuzt. Dies verbessert den Rückfluss des Blutes zum Herzen. Einfach ist es auch sich hinzusetzen oder hinzulegen, um eine Sturzfolge zu verhindern und therapeutisch den Blutfluss zum Herzen zu verbessern.

Bei sogenannten orthostatischen Synkopen, das heißt Ohnmacht unmittelbar nach dem Aufstehen, ist die Therapie häufig komplizierter. Zum einen sollten die bisher eingenommenen Medikamente kritisch überprüft beziehungsweise reduziert werden. Eine ausreichend hohe Trinkmenge von 30 ml/kg Körpergewicht ist wichtig, als auch ein Training der Becken-Beinmuskulatur zur Verbesserung des Blutrückflusses zum Herzen. Kompressionsstrümpfe können Linderung bringen, in schweren Fällen werden Medikamente eingesetzt, die den Salzgehalt und damit auch das Blutvolumen erhöhen.

 

Therapie der herzbedingten plötzlichen Ohnmacht

Neben der Therapie der Herzerkrankung, wie Herzinfarkt und Herzschwäche, sind Herzrhythmusstörungen zu behandeln. Bei den Herzrhythmusstörungen handelt es sich am häufigsten um bradykarde Herzrhythmusstörungen. Dies bedeutet, dass der Puls anfallsartig deutlich zu langsam ist. Ein Herzschrittmacher löst dieses Problem und sorgt dauerhaft für eine ausreichend hohe Herzfrequenz. Auf der anderen Seite des Spektrums können auch zu schnelle Herzfrequenzen aus der Hauptkammer mit Frequenzen größer 200/min die Ohnmachtsanfälle auslösen. In solchen Fällen empfehlen wir einen implantierbaren Defibrillator, also einen Schockgeber, der bei künftigen Ereignissen diese Herzrhythmusstörung selbstständig mittels Anwendung elektrischer Pulse beenden kann. Im Falle eines schweren Herzklappenfehlers wird die Herzklappe repariert oder ersetzt.

Plötzliche Ohnmacht – Ist mein Leben bedroht?

Hinter plötzlichen Ohnmachtsanfällen, den sogenannten Synkopen, verbergen sich ganz unterschiedliche Formen und damit auch Prognosen. Die meisten Synkopen sind zunächst als gutartig einzustufen und erstmal nur problematisch durch ihre mögliche Sturzgefahr. Daneben sind Menschen mit zugrundeliegenden Herzerkrankungen, typischerweise nach einem Herzinfarkt, zukünftig möglicherweise gefährdet einen plötzlichen Herztod zu erleiden. Eine Synkope kann hier ein Warnzeichen sein. Es ist ärztliche Aufgabe, diese gefährdeten Menschen zu erkennen und im Verlauf angemessen therapeutisch weiter zu versorgen.

 

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