Nächtliches Wasserlassen
Nächtliches Wasserlassen heißt medizinisch Nykturie. Definiert ist eine Nykturie als eine ein- oder mehrmalige Unterbrechung des Schlafes durch Wasserlassen.
Nächtliches Wasserlassen kommt mit zunehmendem Lebensalter häufiger vor. Bei über 80-jährigen Menschen sind bis zu 90% betroffen. Die Nykturie kann durch verschiedene Mechanismen zu Stande kommen.
Begriffe:
Zu unterscheiden sind eine Polyurie, d.h. es wird zu viel Harn gebildet und als Urin mehr als 40 ml/kg Körpergewicht pro Tag ausgeschieden, von einer Pollakisurie, bei der es zu einem vermehrten Harndrang ohne vermehrte Urinproduktion kommt. In eher seltenen Fällen besteht eine primäre Polydipsie, das heißt vermehrter Durst mit einer Flüssigkeitsaufnahme mehr als 4 l/Tag.
Jahreszeitlicher Verlauf:
Die Nykturie ist jahreszeitlich unterschiedlich, typischerweise verschlechtert sie sich im Winter, da zum einen der Harnblasenschließmuskel kälteempfindlich und eine vermehrte Aktivität aufweist, zum anderen kommt es kältebedingt zu einer Engstellung der Hautgefäße mit einem Mehrangebot und Umverteilung des Blutes in die Eingeweide und damit verstärkter Nierendurchblutung und Harnbildung.
Nächtliches Wasserlassen: weitreichende Folgen
Die Folgen des nächtlichen Wasserlassen sind ein gestörter und somit nicht erholsamer Schlaf. Dies führt zur vermehrten Tagesmüdigkeit mit Kopfschmerzen und Konzentrationsstörung. Zudem kommt es zur Aktivierung des sympathischen Nervensystems mit vegetativem Ungleichgewicht, d.h. chronischer Alarmreaktion des Organismus. Dies fördert Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen. Insbesondere bei älteren Menschen besteht beim nächtlichen Gang zur Toilette auch eine vermehrte Sturzgefahr und Risiko von Verletzungen.
Nächtliches Wasserlassen: vermehrt Ohnmachtsanfälle
Nicht selten sind nächtliche Miktionssynkopen. Dabei kommt es in der Nacht unmittelbar nach dem Toilettengang zu Schwindel oder auch kurzen Ohnmacht. Ursächlich sind gestörte Kreislaufreflexe.
Nächtliches Wasserlassen: Ursachen
Die Gründe für ein nächtliches Wasserlassen sind sehr unterschiedlich. Der häufigste Grund beim Mann im höheren Lebensalter ist eine Störung im Bereich der ableitenden Harnwege insbesondere die Prostatavergrößerung.
Internistisch spielen Erkrankungen der Leber und Niere sowie vor allem die Herzschwäche eine wichtige Rolle. Seltener sind hormonelle Erkrankungen beispielsweise der Nebenniere.
Nächtliches Wasserlassen durch Medikamente:
Wichtig sind medikamentöse Nebenwirkungen. Medikamente mit wassertreibendem Effekt wie Diuretika (z.B. HCT, Indapamid, Torasemid…), Calciumantagonisten (z.B. Lercanidipin und Amlodipin) und Cortison-Präparate oder nicht-steroidale Antirheumatika (z.B. Voltaren, Ibuprofen…). Auch Alkohol und Koffein insbesondere in den Nachmittag oder Abendstunden sind harntreibend und verursachen ein vermehrtes nächtliches Wasserlassen.
Nächtliches Wasserlassen durch Herzschwäche
Bei der Herzschwäche kommt es zu einem nächtlichen Wasserlassen, da im Liegen durch Aufhebung der Schwerkraft die Wassereinlagerungen rückresorbiert werden. Darüber hinaus werden nachts die Nieren im Liegen besser durchblutet. Dies führt zu einer vermehrten nächtlichen Harnproduktion und damit auch Harnausscheidung.
Symptome der Herzschwäche:
Hinweise für ein vermehrtes nächtliches Wasserlassen durch eine Herzschwäche ergeben sich insbesondere bei Vorliegen von zusätzlichen Symptomen einer Herzschwäche. Hierzu zählen Wassereinlagerung in den Beinen, Luftnot bei Belastung und Einschränkung der Belastbarkeit sowie vorbekannte Herzerkrankung wie ein stattgehabter Herzinfarkt oder kardiovaskuläre Risikopatienten mit Bluthochdruck oder Zuckererkrankung.
Diagnostik der Herzschwäche:
Die Diagnostik zur Abklärung einer Nykturie bedingt durch Herzschwäche umfasst neben der Krankengeschichte vor allem ein EKG und die Ultraschalluntersuchung des Herzens. Die Ultraschalluntersuchung beurteilt Struktur und Funktion des linken und rechten Herzens, stellt eine Herzschwäche fest und gibt wertvolle Hinweise auf ihre Ursache, Klappenfehler, abgelaufener Herzinfarkt.
Nächtliches Wasserlassen: wann Abklärung?
Eine neuaufgetretene Nykturie sollte immer eine weitere Diagnostik nach sich ziehen inklusive Laboruntersuchung und insbesondere bei Männern auch eine urologische Untersuchung.Eine Abklärung des Herzens ist dann zwingend erforderlich, wenn zusätzliche Symptome einer Herzschwäche vorliegen.
Nächtliches Wasserlassen – was können wir tun?
Therapeutisch wird nach spezifischer Ursache vorgegangen. Allgemeinmaßnahmen umfassen die Flüssigkeitsaufnahme vor allem vormittags und am frühen Nachmittag und weniger am Abend. Zudem sollte abends auch begrenzt nur Alkohol getrunken werden. Regelmäßige körperliche Aktivität kann eine Nykturie reduzieren. Das abendliche Hochlegen der Beine kann zu einer Flüssigkeitsumverteilung führen und zu einer vermehrten Harnausscheidung dann vor dem Zubettgehen begünstigen. Wichtig ist, Medikamente auf ihren wassertreibenden Effekt hin zu überprüfen.

Zusammenspiel verschiedener Disziplinen:
Das nächtliche Wasserlassen ist ein Symptom typisch des älteren Menschen. Häufig liegen Überschneidungen unterschiedlicher Krankheitsbilder unterschiedlicher Fachdisziplinen vor, z.B. Herzschwäche und Prostatavergrößerung.
Wir in der Cardiopraxis arbeiten an Schnittstellen, überprüfen sorgfältig kreislaufrelevante Nebenwirkungen zum Beispiel urologischer Medikation (z.B. Tamsolusin…) und können so einen differenzierten Therapieplan Ihnen mit auf den Weg geben.